Ich mache sehr gerne Möbelfronten ohne aufgesetzte Griffe. Vor allem auch bei Werkstattmöbeln. Da finde ich sie einfach störend. Oft finden sich elegante Lösungen, wie zum Beispiel überstehende Türen, bei denen der Überstand dann als Griffkante dient. Oder auch einfach nur eine starke Fase an einer Türkante, die Platz für die Finger zum Greifen schafft. Bei Schubladen bieten sich eingefräste Griffmuscheln an. Solche Muscheln sind sehr einfach in der Herstellung und die dazu benötigte Schablone kann auch anderweitig eingesetzt werden.
Eine Möglichkeit für Türen: Schaffen Sie Griffkanten
Gefräst werden die Griffmuscheln mit einer einfachen rechteckigen Schablone. Ich setze solche Schablonen meist aus Einzelteilen zusammen (siehe HolzWerken Ausgabe Nr. 65). Die Schablone wird mit der Oberfräse und einem Kopierring abgefahren. Durch das Kombinieren unterschiedlicher Kopierring- und Fräserdurchmesser sind unterschiedlich große Grifffräsungen möglich. Die Proportionen bleiben allerdings immer gleich. Gefräst wird von der Innenseite der Schubladenfront. Daher kann die Frässchablone einfach auf das zu fräsende Werkstück aufgeschraubt werden. Zum genauen Positionieren bekommt die Schablone allerdings eine Anschlagseite auf der Unterseite und einen Mittelriss auf der Innenkante.
Die zu fräsende Schubladenfront bekommt ebenfalls einen Mittelriss. Legt man die Markierung der Schablone genau über die Markierung auf der Schubladenfront, hat die Fräsung später genau den gleichen Abstand links und rechts. Ganz ohne Rechnerei. Damit Sie nicht in die Oberfläche ihrer Werkbank fräsen, wird unter die Schubladenfront noch eine Opferplatte gelegt. Das Werkstück mit der aufgeschraubten Schablone wird mit Zwingen fixiert, damit es beim Fräsen nicht verrutschen kann.
Auf die Innenseite der Schubladenfront wird ein Mittelriss gezeichnet.
Der Mittelriss der Schablone wird auf den Mittelriss auf der Front gelegt. Die Schablone ist positioniert.
Die Schablone kann problemlos mit zwei Schrauben auf dem Werkstück befestigt werden.
Die Schubladenfront wird mit Zwingen auf einer Opferplatte fixiert.
Sie benötigen für Ihre Oberfräse zwei unterschiedliche Kopierringe. Der Durchmesser beider Ringe sollte sich um mindestens zehn Millimeter unterscheiden. Je größer der Unterschied der beiden Durchmesser ist, umso breiter wird die Griffkante. Bei einem Unterschied von 10 zehn Millimetern entsteht eine Griffkante mit fünf Millimetern Breite. Optimal ist, wenn Sie die Kopierringe Ihrer Oberfräse möglichst einfach und schnell wechseln können. Es ist aber auch kein Beinbruch, wenn Sie zwischen den Fräsgängen den Kopierring durch das Lösen und Anziehen einiger Schrauben wechseln müssen. Das genaue Zentrieren des Kopierringes ist für die hier gezeigten Fräsungen nicht erforderlich.
Neben den beiden unterschiedlichen Kopierringen für die Größe der Fräsung müssen Sie auch die Frästiefe ständig wechseln. Hierbei ist der sogenannte Revolveranschlag eine große Hilfe. Mit ihm können Sie unterschiedliche Frästiefen regelrecht einprogrammieren und zwischen diesen schnell hin- und herwechseln.
Natürlich spielt auch der verwendete Fräser eine Rolle. Er muss zum Eintauchen ins Holz geeignet sein, also eine Stirnschneide haben. Je größer der Durchmesser des Fräsers, umso größer wird die Griffmuschel werden. Sie sollten auf jeden Fall einige Probefräsungen machen und ausprobieren, wie groß Ihre Griffe werden sollen.
Sie benötigen zwei unterschiedliche Kopierringe.
Am Revolveranschlag werden die unterschiedlichen Frästiefen eingestellt.
Die eigentliche Griffmuschel wird in zwei Arbeitsgängen gefräst. Zunächst wird das durchgehende Loch mit dem größeren der beiden Kopierringe gefräst. Dann wird der Ring gewechselt und die Frästiefe umgestellt. Bei der zweiten Fräsung entsteht dann die Griffkante. Die Frässchablone bleibt dabei auf der Schubladenfront aufgeschraubt. Wenn Sie möchten, können Sie in weiteren Arbeitsgängen die Kanten fasen oder abrunden.
Erster Fräsgang: Kopierring 40mm, Tiefe zum Durchfräsen
Mit einer entsprechend starken Fräse können Sie problemlos die komplette Vertiefung auf einmal fräsen.
Die Öffnung der Muschel wird bis auf die Opferplatte durchgefräst.
Zweiter Fräsgang: Kopierring 30mm, Tiefeneinstellung für die Griffkante.
Die Griffmuschel ist fertig.
Probieren Sie im Vorfeld aus, wie groß die Grifföffnung und die Kante sein sollen.
Die Kanten können Sie nach Belieben abrunde oder mit einer Fase versehen.
Wie Sie sehen, ist das Fräsen solcher Muscheln keine Hexerei und geht recht schnell. Vorausgesetzt, man hat bereits die passende Schablone. In meinem Fall war diese Schablone einmal dazu gedacht einen Beschlag einzufräsen. Da man aber mit unterschiedlichen Kopierring-Fräser-Kombinationen auch unterschiedlich große Fräsungen machen kann, benutze ich sie inzwischen für verschiedene Griffe. So wurde beispielsweise auch der Griff in diesem Schneidbrett mit dieser Schablone gefräst. Im direkten Vergleich bietet das Fräsen mit Kopierringen oft Vorteile gegenüber der Arbeit mit Bündigfräsern. Man ist einfach flexibler und kann mit nur einer Schablone unterschiedliche Ergebnisse erziehen. Probieren Sie es doch einfach mal aus.
Die aufgesetzte Front auf der Schublade. Sogar Farbkombinationen sind möglich.
Hallo Heiko, mich würde interessieren, ob du bei den Griffmulden überlange Fräser verwendet hast. Ich stehe derzeit vor dem Problem, dass wenn ich mir eine Schablone anfertige, meine Fräserlänge zum Ausfräsen für die Griffmulden kaum mehr ausreichend ist. Voll eingetaucht steht mein Fräser nur 20 mm heraus. Ich besitze eine Bosch POF 1400 (dein Video mit dieser Problematik, welche du ansprichst, ist mir erst später bekannt geworden). Vor dem gleichen Problem müsste du doch auch mit deiner Bosch GOF 12500 stehen, da sie augenscheinlich auch eine höhere Fräseraufnahme besitzt, wo leider schon viel Hubweg verloren geht. Wie hast du das Problem gelöst? Ich denke hier an eine Schaftverlängerung oder an Fräser mit Überlänge. Viele Grüße Dominik
Hallo Dominik, die Fräsungen hier habe ich mit einem Fräser mit 12mm Schaft und einer Nutzlänge von 50mm gemacht, also schon recht lang. Mit einem kürzeren Fräser ginge es aber auch, da meine Oberfräsen alle soweit abtauchen können, dass die Spannzange über die Grundplatte ragt. Bei einer 6mm dicken Schablone könnte ich solche Fräsungen also immer noch mit einem Standardfräser mit 30mm Nutzlänge machen. Die von dir verwendete POF1400 hat das von dir beschriebene Problem. Da helfen dann nur lange Fräser, oder eine Verlängerung. Gruß Heiko
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Hallo Herr Rech, oft mache ich soche Griffmöglichkeiten auch mit einem Griffmuldenfräser, mit zwei verschiedenen Nutfräsern - einmal waagerecht + einmal senktecht fräsen - geht es aber auch auf dem Frästisch. Ihr Artikel hilft mir aber auch für die Anfertigung von zwei verschiebbaren Vorsatzbrettern für meinen Frästisch (zur Anpassung an den Fräsdurchmesser). Deshalb vielen Dank Gert Klein aus Halle (Saale)