Der Weg zur perfekten Gehrung

Es sieht so einfach aus: Eine 90° Verbindung auf Gehrung besteht ja nur aus zwei 45° Schnitten. Dennoch haben diese Verbindungen doch ganz schön viele Tücken. Das beginnt beim Sägen und hört beim Verleimen nicht auf. Die erste Hürde ist da schon mal, die Bauteile auf die richtige Länge zu schneiden. Meist nutzen die Skalen an Maschinen da nicht viel, da sie auf den 90°-Schnitt ausgelegt sind. Ich habe mir angewöhnt bei allen Gehrungsschnitten die Bauteile erst einmal exakt auf Maß zu schneiden. Aber noch ohne Gehrung. Dann wird der Schnittverlauf der Gehrung auf die einzelnen Teile aufgezeichnet.

Im ersten Schritt werden die Rahmenteile im 90° Winkel auf die richtigen Längenmaße geschnitten.

Im ersten Schritt werden die Rahmenteile im 90° Winkel auf die richtigen Längenmaße geschnitten.

Der Schnittverlauf der Gehrungen wird angezeichnet.

Der Schnittverlauf der Gehrungen wird angezeichnet.

Bei Rahmen nutze ich einen sogenannten Doppel-Gehrungs-Anschlag (Wird oft als DGA abgekürzt). Dieser nutzt ein sehr simples Prinzip: Die beiden Anschlaglineale sind exakt im 90° Winkel angeordnet. Selbst wenn der Anschlag nicht ganz genau im Winkel von 45° zum Sägeblatt steht, ergeben zwei Schnitte zusammen dennoch immer genau 90°. Vorausgesetzt, man schneidet die beiden Rahmenteile, die eine Ecke bilden sollen, immer im Wechsel an den beiden Anschlägen.

Einen solchen DGA kann man sich auch für jede Säge selbst bauen. Besonders bequem ist die Arbeit mit einem solchen Anschlag an der Zugsäge oder auch an der Formatkreissäge. Selbst auf einem Multifunktionstisch mit Lochraster kann das Prinzip umgesetzt werden.

Ein Beispiel für einen Selbstbau zeigt Guido Henn in diesem Video:

https://www.youtube.com/watch?v=BG9LRnB9-Hg

Der von mir verwendete Anschlag ist so eingestellt, dass das Sägeblatt der Tischkreissäge nur 0,1mm an der Ecke des Anschlages entlang läuft. So kann ich die bereits auf Länge geschnittenen Bauteile einfach bündig halten und sägen.

Das Grundprinzip des Doppel-Gehrungs-Anschlages ist sehr einfach.

Das Grundprinzip des Doppel-Gehrungs-Anschlages ist sehr einfach.

Das erste Rahmenteil wird an den vorderen Anschlag angelegt.

Das erste Rahmenteil wird an den vorderen Anschlag angelegt.

Der Schnitt erfolgt "auf Null"

Der Schnitt erfolgt „auf Null“

Das zweite Rahmenteil wird am hinteren Anschlag geschnitten.

Das zweite Rahmenteil wird am hinteren Anschlag geschnitten.

Zugsägen haben hier einen großen Vorteil.

Zugsägen haben hier einen großen Vorteil.

Auch bei diesem Schnitt wird die Leiste nicht gekürzt, sondern behält das zuvor geschnittene Maß.

Auch bei diesem Schnitt wird die Leiste nicht gekürzt, sondern behält das zuvor geschnittene Maß.

Die beiden Schnitte ergeben in Summe immer 90°.

Die beiden Schnitte ergeben in Summe immer 90°.

Stumpfe Verleimungen solcher Rahmenecken sind nicht sonderlich stabil. Es müssen also noch Verbinder hinein. Im Prinzip spielt es keine Rolle, ob man Flachdübel, Runddübel, lose Zapfen oder sonst eine Art der Eckverbindung wählt. Hauptsache sie ist stabil und präzise gefertigt. Ich verwende sehr gerne Runddübel, die ich mit dem Duodübler von Mafell bohre.

Dübel stabilisieren die Verbindung.

Dübel stabilisieren die Verbindung.

Spezialmaschinen sind teuer, machen solche Eckverbindungen aber zum Kinderspiel.

Spezialmaschinen sind teuer, machen solche Eckverbindungen aber zum Kinderspiel.

Zum Verleimen solcher Rahmen sind Schraubzwingen nicht so gut geeignet. Man braucht in der Regel auch nicht viel Druck, um die Ecken dicht zu bekommen. Bandspanner bieten sich hierfür an. Aber Vorsicht: Das Verleimen mit einem solchen Bandspanner muss gut vorbereitet werden, damit es in der Kürze der Zeit auch gelingt. Wichtig ist beim Verleimen von Rahmen auch, dass man es auf einer ebenen Unterlage tut. Liegt der Rahmen beim Verleimen nicht eben, wird er windschief.

Gute Vorbereitung ist bei diesen Bandspannern enorm wichtig.

Gute Vorbereitung ist bei diesen Bandspannern enorm wichtig.

Der Bandspanner verteilt den Druck gleichmäßig auf alle vier Ecken.

Der Bandspanner verteilt den Druck gleichmäßig auf alle vier Ecken.

Unterlagen bringen den Rahmen in die Höhe. Der Bandspanner wird noch zurechtgerückt.

Unterlagen bringen den Rahmen in die Höhe. Der Bandspanner wird noch zurechtgerückt.

Zwingen und Zulagen verhindern den Höhenversatz.

Zwingen und Zulagen verhindern den Höhenversatz.

Gibt man sich beim Zuschnitt und beim Verleimen entsprechend Mühe, werden die Ecken auch dicht und der Rahmen rechtwinklig. Es kann allerdings passieren, dass die Oberflächenbehandlung dann doch noch eine dünne sichtbare Linie (keine Fuge!) zum Vorschein bringt, obwohl alles dicht ist. Wer das kaschieren möchte, kann vor dem VErleimen eine Schattenfuge anbringen.

Siehe auch: Mut zur Lücke!

Nach dem Verleimen sieht alles gut aus.

Nach dem Verleimen sieht alles gut aus.

Die Oberflächenbehandlung bringt die Fuge wieder zum Vorschein.

Die Oberflächenbehandlung bringt die Fuge wieder zum Vorschein.

Das ist nun also meine Vorgehensweise für Rahmen auf Gehrung. Eine Kappsäge nutze ich bislang nicht. An dieser Stelle würde mich daher interessieren, wer von Ihnen hierfür eine Kappsäge nutzt und wie zufrieden Sie mit den Ergebnissen sind.

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Kommentare

13.06.2017

Hallo Heiko, als Nutzer einer Erika und dem entsprechenden Zubehör bin ich sehr Dankbar für den Tipp mit dem DGA. Auf diese Art der Anwendung bin ich noch nicht gekommen. Das wird direkt ausprobiert. Das schneiden einer Gehrung mit der Kappsäge praktiziere ich nicht mehr,seit ich eine Erika habe. Mit diesen Ergebnissen war ich nie zufrieden, was aber auch an der Qualität der Kappsäge gelegen hat. Gruß Hans Witkowski

Rolf Haynberg 12.04.2019

Hallo, ich bin intensiver Nutzer einer Kappsäge (ohne DGA) und kann noch folgendes beitragen: 1) Die oben beschriebene Vorrichtung steht und fällt mit einer exakt senkrechten Ausrichtung auf das Sägeblatt. Zwar ist der Gesamtwinkel mit einem DGA immer korrekt aber bei falscher Ausrichtung erhält man eine ungewollte falsche Gehrung, bei der die Schnittflächen nicht deckungsgleich sind. Bei einer Kappsäge ist dieses Problem ausgeschlossen. Beide Werkstückteile haben immer genau den gleichen Schnittwinkel. 2) Ihre Vermutung, dass sich das Sägeblatt bei Gehrungsschnitten leicht windet teile ich nicht. Eher kann ich mir vorstellen, dass sich das Werkstück bei der Vorrichtung oben minimal windet. An der Kappsäge liegt das Werkstück hingegen auf beiden Seiten des Sägeblatts formschlüssig am Anschlag. Legt man dann noch ein Opferbrett dahinter (was sowieso sinnvoll ist) wackelt und windet sich gar nichts und die Präzision ist wohl kaum zu übertrefffen. Last but not Least: Aus Gründen der Widerholgenauigkeit würde ich immer einen einfachen Gehrungsanschlag vorziehen. In der Regel muss ja nur das Werkstück gewendet werden. Lediglich bei asymmetrischen Werkstücken wie Fußleisten sehe ich einen Vorteil eines DGA. vG, Rolf

Fritz Rohrbach 06.03.2020

Warum die teure Mafell-Maschine, wo bleibt der Multidübler? Gruss Fritz Rohrbach

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