Das geplante Projekt “Klappbarer Schreibtisch” (siehe letzter Blogbeitrag) beginnt wie viele Projekte mit dem Zuschnitt. Dabei werden die Maße aus dem CAD-Programm übernommen. Für viele stellt sich dann mittlerweile die Frage: Maßband oder Gliedermaßstab?
Wenn Präzision gefordert ist, dann sollte man einen Blick auf die Genauigkeitsklasse geben. Diese wird in römischen Ziffern angegeben:
Da ein Gliedermaßstab aus deutlich mehr beweglichen Elementen besteht, ist die hohe Abweichung nicht verwunderlich. Das lackierte Buchenholz dürfte zwar eigentlich auch nicht arbeiten, dennoch hält sich das Gerücht, dass der Gliedermaßstab je nach Witterung länger/kürzer wird.
Die Entscheidung ist also gefallen: Maßbänder sind in der Regel genauer. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit, bis zur nächsten Woche.
Wenn Entscheidungen doch bloß immer so einfach wären. Doch abgesehen von der Präzision gibt es im Alltag einer Tischlerei verschiedene Situationen, die für ein wenig Qual bei der Entscheidung sorgen könnten.
Vorteile Maßband:
Vorteile Gliedermaßstab:
Erster Tag als Azubi auf der Baustelle: Ein Trick, der mir über die Jahre viel Ärger ersparen sollte.
Zudem stellt sich die Frage: Muss es denn wirklich so präzise sein? (mehr dazu hier: https://www.holzwerken.net/blog/dominik-ricker/genauigkeit-bei-der-holzarbeit-so-exakt-wie-moeglich-oder-so-genau-wie-noetig/)
Wenn wir mit mehreren Personen an einem Projekt gearbeitet haben, haben wir vorab unsere Gliedermaßstäbe an dem der Meisterin “geeicht” und für den weiteren Projektverlauf nur diesen verwendet.
Auch wenn ich ehrlicherweise ein wenig erschrocken über die großen Unterschiede bei der Genauigkeit bin, ist mir vor allem bei meiner Tätigkeit als Bautischler der Gliedermaßstab ans Herz gewachsen. Der Alltag im Altbau besteht dabei fast nur aus Improvisation und die gelingt mir mit diesem Bündel an aneinandergereihten Holzleisten wesentlich besser. Selbstverständlich ist das eigentlich keine Art mit einem Messinstrument umzugehen und die Präzision erhöht sich dadurch gewiss nicht. Aber der Zweck heiligt nun mal die Mittel.
Gleichzeitig kriege ich jedoch auch ein inneres Zucken, wenn ich dem Holzhändler dabei zusehe, wie er seinen Gliedermaßstab von 2m Länge zweimal neu anlegen muss, um die 5,35m Eichenbohle zu vermessen. “Kannst du mal kurz festhalten?”. Zu Weihnachten werde ich ihm ein Maßband schenken.
Fotos: Dominik Ricker
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