Schwitzige Hände und kleine Schweißperlen auf der Stirn stehe ich vor diesem Monster aus Stahl.
Die 600mm breite Hobelwelle setzt sich langsam über die Stern-Dreieck-Schaltung in Gang und es klingt, als würden die Turbinen eines Flugzeugs direkt neben mir hochfahren. Zusammengefasst: Die ersten Male an der Abrichte waren nicht unbedingt die schönsten Momente für mich, zumal der Junggeselle an dieser Maschine erst vor ein paar Tagen einen Arbeitsunfall hatte.
Ich muss schmunzeln, wenn ich dagegen unseren heutigen Hobel in Betrieb nehme:
Leiser als die Absauganlage dreht sich die Messerwelle so leise, dass ich beim Umrüsten von Dickenhobel auf Abrichte fast einmal in die drehende Messerwelle gegriffen habe – so leise, dass es also schon fast zu einer Gefahr wurde.
Ruhe bitte!
Laute Maschine schüchtern daher nicht nur ein, sondern schützen uns auch vor Unfällen.
Im wuseligen Alltag einer Tischlerei wird nur zu gerne mal die Formatkreissäge angelassen, weil man „mal kurz nen Kaffee holen war“.
Was das Auge nicht erblickt, hört man dann schon wesentlich eher.
Weiter soll meine Kritik an leisen Maschinen allerdings nicht gehen, denn eine ruhigere Umgebung wirkt sich dann doch zu positiv auf das eigne Wohlergehen aus. Wie wäre es zukünftig mit Leuchten, die den Betrieb einer Maschine signalisieren? In der Metallzerspanung ist das seit Jahrzehnten üblich.
Neben der Geräuschreduzierung bieten die Hobelwellen mit Wendeplattenmesser jedoch noch weitere Vorteile:
Trifft man auf nicht zerspanbare Bestandteile (auf gut Deutsch: eine Schraube oder Stein im Holz) muss nicht das gesamte Messer ausgetauscht werden, sondern nur 1-2 Platten werden gedreht, bzw. je nach Schadensgröße getauscht.
Auch das meist lästige Einstellen der Schneiden entfällt, die Wendeplattenmesser sind selbstzentrierend und haben immer die gleiche Höhe.
Ein Vorteil der häufig unbeachtet bliebt, ist die Größe der Späne: Vor allem beim Abrichten über die gesamte Tischbreite entstehen auch breite Späne. Diese sind schwer, lassen sich schwerer ansaugen und verstopfen auch schneller die Absaugung.
Die vielen kleinen Wendeplattenmesser erzeugen entsprechend kleine Späne, mit entsprechenden Vorteilen.
Spirale oder Helix?
Eine typische Kritik ist der oft beworbene „ziehende Schnitt“ und der Produktname Helix-/Spiralmesserwelle:
Vor allem günstigere Modelle bieten tatsächlich keinen ziehenden Schnitt, da die Messerschneide weiterhin parallel auf die Holzoberfläche trifft (siehe Bild meiner Abrichte). Ein kurzer Blick auf die Ausrichtung der Messer klärt dabei jegliche Unsicherheiten. Was es mit dem ziehenden Schnitt genau auf sich hat wird hier an Hand eines Handhobels erklärt: https://www.holzwerken.net/tipps-und-tricks/tischlern/das-geheimnis-des-ziehenden-schnitts/#:~:text=Mit%20%22ziehendem%20Schnitt%22%20ist%20hier,sich%20die%20Oberflächengüte%20erheblich%20verbessern.
Genauer betrachtet wird auch häufiger die „Spiralmesserwelle“: Streng genommen handelt es sich geometrisch gesehen bei einer Spirale um eine Kurve, die sich einem Mittelpunkt näher. Ein typisches Beispiel dafür ist ein Schneckenhaus.
Die Anordnung der Messer entspricht dagegen einer Helix, d.h. die Steigung ist gleichmäßig wie bei einer Schraube.
Das erklärt auch, warum ich die „Spiralmesserwelle“ in Anführungszeichen gesetzt habe.
Meine Erfahrung der letzten Jahre zusammengefasst: Helixmesserwellen haben für mich nur Vorteile, abgesehen vom höheren Anschaffungspreis. Wer bereits einen guten Hobel sein Eigen nennt, der wird auch weiterhin tolle Ergebnisse mit seinem Hobel erzielen.
Wer vor der Anschaffung eines neuen Hobels steht, sollte zumindest beide Varianten vor Ort testen und abwägen, ob der Mehrpreis gerechtfertigt ist.Auf Unterschiede wie die Verarbeitung/Drehzahl/Drehmoment/Gewicht/Messeranzahl einzugehen soll übrigens nicht Gegenstand dieses Beitrags sein.
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Hallo Dominik, gibt es eigentlich Hobelwellen mit Wendeplattenmesser auch zum Nachrüsten?