Durchhängende Bretter begradigen

Eine schwere Bücherwand ist wohl das Paradebeispiel für durchhängende Bretter.
Die Schwerkraft zerrt tagtäglich an den geliebten Romanen und zwingt die mühevoll abgerichteten Regalböden zunehmend in die Knie.

Dabei lässt sich dies bei guter Planung vermeiden:

  1. Materialauswahl: Plattenwerkstoffe wie MDF oder Spanplatten neigen eher zur Durchbiegung.
Durch die kurzen Fasern fehlt es hier an Stabilität. Massivholz/Stabplatte/Sperrholz ist hier zu bevorzugen,
  2. Materialstärke: Die 19mm Plattenmaterial gelten für viele fast schon als die einzig bekannte Materialstärke.
Dabei könnten Fachböden mit größerer Materialstärke schon für Abhilfe sorgen.
  3. Konstruktion: Große Spannweiten und damit Hebelkräfte vermeiden. Zur Unterstützung kann ein mittig positioniertes Brett dienen, bzw. eine eingezogene Zarge.
  4. Feuchtigkeit: In feuchter Umgebung biegt sich Holz noch ein wenig schneller. Darum Obacht beim Überladen des Aktenschranks im Keller!



Walnuss und Kork sind auch nach Jahrzehnten noch ansehnlich, der durchgebogene Bogen macht das Schachspiel schwierig.
Die Schwerkraft hat es verursacht, die Schwerkraft wird es richten. Hantelscheiben sind übrigens auch tolle Verleimhilfen.
8 Tage und regelmäßiges Befeuchten später, kann wieder fröhlich gespielt werden.

Vorsorgen ist besser als Nachsorgen denkt sich nicht nur mein Versicherungsmakler, im Schadensfall liefern uns die bisherigen Erkenntnisse jedoch auch schon mögliche Lösungen.
Schwerkraft und Feuchtigkeit können das optische Problem begradigen. 
Wie ihr bereits aus einigen Holzwerken-Artikeln wisst, kann man mit Hilfe von Wasserdampf und Kraft Holz biegen.

Statt aufwendig geformten Stuhllehnen wollen wir nun aber das Gegenteil erzwingen:
Ein gerades Brett.
 In meinem Fall handelt es sich um das alte Schachbrett meines Großvaters, welches er vor 40 Jahren in Sizilien gekauft hat. Ein wenig Vorsicht ist geboten, denn das Schachbrettmuster ist mit Kork belegt. 
Mit Dampf und Feuchtigkeit muss daher sparsam umgegangen werden.
 Verleimungen könnten sich lösen, gleichzeitig kann es aber auch zu ungewollten Verfärbungen kommen.
Ich schlage daher die konservativste Methode vor, in der zunächst nur die Schwerkraft bemüht wird.
 Ob nun mit Zwingen oder in meinem Fall mit ein paar Hantelscheiben wird das Werkstück entgegen der bisheren Wölbung überstreckt und in dieser Position für ca. eine Woche gelagert. 
Wer nun um prozentgenaue Angaben der Überstreckung bittet, den muss ich leider enttäuschen und ein Erfolg ist auch nicht garantiert. Es ist jedoch wie erwähnt die Variante mit dem geringsten Schadenpotential. 
Sofern möglich kann das Werkstück in regelmäßigen Abständen mit ein paar Sprühstößen Wasser feucht gehalten werden. Idealerweise beidseitig, in meinem Fall auf Grund der Belegung mit Kork nur einseitig auf der Walnuss-Seite. Bei MDF/Pressspan ist von einer Behandlung mit Wasser dringend abzuraten!

 Das Material kann aufquellen und der Schaden ist schnell größer, als er zu Beginn war.

Warum nicht einfach in die Dampfkammer schieben?

In der Theorie klingt es naheliegend: Werkstück für eine Stunde dämpfen, ein wenig festzwingen und fertig. 
Neben der Notwendigkeit einer entsprechend breiten Dampfkammer lauert die Gefahr von Wasserflecken, unkontrollierten Verwerfungen und bei verleimten Platten das Lösen der Klebeverbindung.

Kontrollierter, weil punktuell einsetzbar, ist dagegen das Dampfbügeleisen.
 Wärme und Feuchtigkeit können hier gezielt in das Material eingebracht, Verfärbungen/Lösen der Leimverbindung schnell erkannt werden. Verfärbungen/Wasserflecken sind dabei in der Regel sehr oberflächlich, sofern es die Geometrie erlaubt können diese Stellen auch wieder geschliffen und geölt werden.


Dringend zu beachten: Lackierte Oberflächen sollten nicht befeuchtet/bedampft werden. Hier kann lediglich mit Gewichten/Zwingen gearbeitet werden. Sofern ein besonders warmer bzw. heißer Platz im Haus besteht (bspw. im Wintergarten/am Fenster) kann die zusätzliche Wärme das Biegen beschleunigen. 
Wie auch beim Wasserdampf wird dabei der im Holz enthaltene Bestandteil Lignin aufgeweicht und ermöglicht eine Verformung. 
Um ein zukünftiges Durchbiegen zu vermeiden, sollte man wie zu Beginn gezeigt anschließend Vorsorgen: Eventuell kann eine Zarge eingezogen werden oder eine zusätzliche Stütze. Sofern sich der Fachboden im Sichtbereich befindet und nicht verändert werden soll, könnte man ihm zukünftig auch ein wenig mehr Ruhe gönnen und die schweren Bücher andernorts lagern. Die ideale Gelegenheit für ein schönes, neues Projekt 🙂

Wer auf der Suche nach minimalistischen Möbeln mit traditionellem Charakter ist, dem kann ich übrigens dieses Buch hier sehr empfehlen https://www.holzwerken.net/produkt/shaker-moebel/
Ein wenig geschichtlicher Hintergrund gepaart mit klassischen Alltagsgegenständen.

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