Warum sind Taschenlochverbindungen eigentlich so unbeliebt? Ähnlich wie Runddübeln haftet den „halb-schräg-von-hinten“ eingebohrten Schrauben-Verbindungen der Ruf von Anfänger-Handwerk an. Und ja: Wir als Redaktion nehmen uns da als „Nase-Rümpfer“ nicht aus.
Die Firma Kreg hat mit dem „Pocket-Hole Jig 720“ ein neues Flaggschiff für Taschenlochverbindungen auf den Markt gebracht. In der Variante „Systainer Plus“, das im Handel für 450 Euro zu haben ist, ist gleich richtig viel Zubehör dabei. Ob dieser Satz Helfer unsere Vorurteile entkräftet?
Die eigentliche Bohrvorrichtung ist schnell aufgebaut. Das zu bearbeitende Holz (zwischen 18 und 38 mm Stärke) wird darin über eine Hebelklemmung festgespannt. Und danach geht es wirklich einfach: Mit dem mitgelieferten zweistufigen Bohrer bringt man schnell im extrem flachen Winkel die Bohrungen ins Holz. Die Vorrichtung ist so konzipiert, dass das Austrittsloch dann immer mittig im Hirnholz liegt. Und diese mittige, flache Bohrung klappt mit Kregs „Pocket Hole Jig“ zugegebenermaßen wirklich sauber und wiederholgenau. Und dank der integrierten Absaugung ist es übrigens auch eine erstaunlich saubere Arbeit.
Die Vorrichtung verspricht außerdem eine Langlebigkeit, die vielen sehr günstigen Mitbewerbern nicht gegeben ist: Die Führung des Bohrers läuft über Metallhülsen, auch das komplette Innenleben der Vorrichtung ist stahlverstärkt.
Sind die Bohrungen dann aber im Holz, gibt es aus unserer Sicht zwei große Knackpunkte, sogar ganz wörtlich: Zwar sitzen beim Verbinden die Schrauben wirklich mittig im gebohrten Holz. Das „aufnehmende“ Holz ist aber gänzlich unbearbeitet. Schraubt man nah an der Kante – zum Beispiel beim Korpusbau – reißt das Holz dann. Ein allgemeines Problem bei dieser Art von Verbindung. Mit einem langen Bohrer vorbohren soll helfen, er ist aber nicht Teil des Sets. Kreg setzt nämlich auf selbstschneidende Schrauben. Zumindest in unserem Fall haben diese aber ebenfalls zum Reißen im (unteren) Holz geführt, sobald es zu nah an die Brettkante ging. Und das ist zum Beispiel beim Rahmen- oder Korpusbau eben eine gängige Schraub-Position.
Apropos Schrauben: Die mitgelieferten, sehr langen Bits, die nötig sind, haben einen Vierkant-Kopf. Und die passen in die allerwenigsten gängigen Schrauben. Hallo Systemabhängigkeit. Immerhin sind zwei Packungen passender Kreg-Schrauben (insgesamt 60 Stück) dabei. Trotzdem: Mal eben im Baumarkt Schrauben nachkaufen, geht nicht.
Das große Set der Systainer-Plus-Variante beinhaltet neben der Standard-Variante zwei weitere interessante Bohrerführungen: Einmal eine Variante für kleinere Bohrlöcher und dünneres Material – inklusive der passenden Bohrer. Außerdem ist ein Dübelfräser im Set enthalten: Die von vielen als unschön empfundenen Taschenlöcher können so mit den passenden Dübeln verschlossen werden.
Hat Kreg es also geschafft, uns zu überzeugen? Eher nicht – das liegt aber an den Schwächen der Verbindung und nicht an der Vorrichtung. Wer sich aber für den Einsatz von Taschenlochverbindungen in seinen Projekten entscheidet, ist mit diesem Satz an Werkzeugen gut beraten.
Mehr Infos: www.kreg-europe.de
Dieser Text stammt aus der Kategorie „Neues für die Werkstatt“ aus Ausgabe 118. Das vorgestellte Produkt wurde der Redaktion leihweise zur Verfügung gestellt und an den Händler zurückgeschickt.
Fotos: Christian Filies
Kommentar verfassen
Zum Kommentieren müssen Sie angemeldet sein.