Tischlerplatten lassen sich sehr gut verarbeiten, wären da nicht die Kanten. Während die Flächen der Platten bereits ab Werk mit Furnier beleimt sind, muss man an den Schnittkanten selbst Hand anlegen. Furnierkanten zum Aufbügeln wären eine schnelle und einfache Lösung, aber leider nicht sonderlich haltbar. Massivholzanleimer sind da schon besser,. Sie sind stabiler und man kann ein Profil anfräsen. Allerdings ist das Aufleimen dieser dünnen Holzleisten auf die Kanten erheblich mehr Arbeit, als das Aufbügeln einer Furnierkante. Und ist die Leiste aufgeleimt, steht sie auch noch über und muss sehr penibel bündig zur Oberfläche der Platten gemacht werden.
Was sich schwierig und kompliziert anhört, ist aber gar nicht so schlimm, wenn man einige kleine Kniffe kennt und anwendet.
Zunächst einmal kann man sich sich das Anleimen der Leisten erleichtern. Die Anleimer sollten ca. 4 mm breiter sein, als Ihre Platten stark sind. Die Dicke der Anleimer richtet sich danach, ob Sie später noch profiliert werden sollen. Je dünner die Leisten sind, umso unauffälliger sind sie. Je dicker sie sind, umso einfacher lassen sie sich anleimen. Es gilt also einen Kompromiss zu finden. Im gezeigten Beispiel sind die Anleimer 8 mm stark.
Tischlerplatte Esche furniert mit 8 mm starkem Anleimer
Der Arbeitsplatz sollte gut vorbereitet werden. Um einen Überstand des Anleimers gegenüber der Fläche zu sichern, legt man etwas Dünnes unter die Platten. Unterlegscheiben eignen sich gut. Im Bereich, in dem Leim austreten kann, wird die Werkbank mit einem Klebeband geschützt.
Ein gut eingerichteter Arbeitsplatz erleichtert das Verleimen sehr
So kann jetzt ganz bequem verleimt werden. Wenn die Abmessungen der Werkstücke es zulassen, werden zwei Kanten gegeneinander verleimt. Sind die Teile dafür zu groß, benötigt man ausreichend breite Zulagen, damit der Pressdruck gut übertragen wird. Beim Ansetzen der Schraubzwingen werden die Anleimer auf die Werkbankfläche gedrückt. Für den notwendigen Überstand sorgen ja die Unterlegscheiben. Wenn man noch zwei dünne Leisten auf die Platten legt, kann man darauf die Schraubzwingen ablegen, ohne Druckstellen auf dem Werkstück zu hinterlassen.
Der Leim wird mit einem Pinsel gleichmäßig und nicht zu dick aufgetragen.
Beim Ansetzen der Zwingen werden die Anleimer nach unten gedrückt.
Leisten auf der Fläche schützen vor Druckstellen durch die Schraubzwingen
Den Überstand der Anleimer gegenüber der Fläche entferne ich sehr gerne auf dem Frästisch. Ein Scheibennutfräser eignet sich sehr gut dazu, ein normaler, grundschneidender Nutfräser geht aber auch. Auf dem Maschinentisch werden gleich dicke Leisten oder ein durchgehendes, dünnes Brett mit doppelseitigem Klebeband befestigt. Der Fräser wird genau bündig zu diesen Leisten eingestellt. Schiebt man nun ein Brett mit einem Anleimer daran über diese Leisten, so nimmt der Fräser nur den Überstand des Anleimers weg. Die Höhe des Fräsers muss natürlich sehr genau eingestellt werden. Eine montierte Druckfeder ist beim Fräsen eine große Hilfe. Sie erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern sorgt auch für bessere Fräsergebnisse. Nach dem Fräsen muss nur noch ein wenig geschliffen werden und man hat eine Tischlerplatte mit einer schönen und robusten Kante.
Die Oberkante des Fräsers wird bündig zu den aufgeklebten Leisten eingestellt.
Der Fräser nimmt nur den Überstand des Anleimers ab.
Die Vorschubgeschwindigkeit darf nicht zu hoch- und der Fräser muss scharf sein.
Auch große Werkstücke lassen sich so bearbeiten.
Wenn man Anleimer an eine Platte mit einer Kunststoffbeschichtung anbringt, ist Vorsicht geboten. Bei einer furnierten Platte sieht man nach dem Schleifen nicht mehr, wenn die Furnierschicht minimal angefräst wurde. Eine kunststoffbeschichtete Platte hingegen verzeiht das nicht. Hier ist es besser einen Überstand von 0,1 – 0,2 mm zu lassen und diesen nach dem Fräsen mit einem scharfen Stemmeisen zu entfernen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Die hier gezeigte Methode funktioniert genau so auch auf einer großen Tischfräse.
Hallo Heiko, für einen lackierten Schrankkorpus würde ich gern MDF-Tischlerplatten verwenden. Die vertikalen Kanten sollen eine ≈8mm Fase bekommen und möglichst hart sein, um auch zwei durch's Haus tobenden Kindern widerstehen zu können. Kann man dafür als Anleimer einen schmalen Streifen normale MDF-Platte benutzen oder wäre eine Leiste aus Buche/Eiche besser? Lässt sich MDF mit einem Einhandhobel nachbearbeiten? Viele Grüße, Yaisog
Hallo Yaisog, beides funktioniert. Eine angeleimte Kante aus MDF hat den Vorteil, dass sich unter dem Lack keine Maserung abzeichnet. Allerdings besteht bei einer angeleimten MDF Kante und auch bei einer Massivholzkante die große Gefahr, dass sich die Leimfuge abzeichnet. Eine weitere Möglichkeit wäre, und das wäre mein Favorit, die Innenlage im Bereich der Kante herauszunuten und die Nut dann mit MDF zu füllen. Dann kann sich höchstens in der Kante etwas abzeichnen, was weniger auffällt. Einfacher noch wäre es, die Fase nur so groß zu machen, wie die Außenlage dick ist und die Kante mit einer Grundierfolie oder einer glatten Melaminkante zu belegen. Gruß Heiko
Hallo Yaisog, Ich habe in meiner Antwort vergessen auf den Einhandhobel einzugehen: Ja, das geht. Das Eisen wird nur recht schnell stumpf. Gruß Heiko
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Danke für den Tipp mi den Unterlegscheiben! Für die Bearbeitung von kunststoffbeschichteten Platten hat sich bei mir folgendes bewährt: Ich arbeite mit einem Bündigfräser, Anlaufring unten. Diesen umklebe ich mit einigen Lagen transparenter Klebestreifen. Dadurch erzeuge ich einen zusätzlichen Abstand von der Platte, wie auch hier beschrieben. Dies lässt sich sehr fein einstellen, da die Klebestreifen sehr dünn sind. Da ich bei großen Werkstücken in meiner Werkstatt nur mit der mobilen Oberfräse arbeiten kann (mit fehlt die Länge!), stelle ich den Hub der Fräse so ein, dass der Anlaufring nur gerade so auf der Kunststoffplatte zu liegen kommt. Hat sich bei einigen Schrankseiten heute gut bewährt.