Die ältesten Holzbauten der Welt und ihr Geheimnis – Alte Techniken Nordeuropas
Im Außenbereich ist Eichenholz in Europa meist erste Wahl. Doch was, wenn es zu kalt für Laubhölzer ist und nur Nadelbäume wachsen? Die Norweger hatten da eine Idee…
Die roten Beeren der Ebereschen, türkises Wasser, blauer Himmel, hellgrüne Wiesen – und mittendrin dieses düstere Konstrukt aus Holz. Die vor allem in Norwegen ehemals weit verbreitete Bauform der sogenannten Stabkirchen ist architektonisch beeindruckend und zugleich ein wenig furchteinflößend.
An den Dächern befinden sich meist Drachenköpfe, die Dachschindeln erinnern an die Schuppen dieses Ungeheuers. Statt nordischer Mythologie widmen wir uns jedoch lieber dem Holz. Die niedrigen Temperaturen Skandinaviens machen es den meisten Baumarten nicht leicht. Lediglich im Süden finden sich Buchen- und Eichenwälder. Je weiter man nach Norden gelangt, desto größer die Wahrscheinlichkeit nur noch Birken und Nadelbäume vorzufinden.
Vor allem die Kiefer wurde so zu einem beliebten Bauholz. Gegenüber der witterungsbeständigen Eiche fehlt es ihr jedoch an Gerbsäure.
Dennoch bestehen einige Stabkirchen bereits seit Jahrhunderten, die älteste Stabkirche “Urnes” sogar seit fast 900 Jahre.
Stellen Sie sich vor, auf diese Kirche zu blicken. Sie nehmen einen tiefen Atemzug, spüren die frische Luft … und können riechen, warum diese Kirchen schwarz sind.
Das erste Geheimnis zur witterungsbeständigkeit war wohl offensichtlich: Die Kirchen wurden gestrichen. Der aus Nadelholz gewonnene Teer wird über alle Flächen im Außenbereich großzügig verteilt. Dabei ist der leicht süßliche Geruch überall wahrzunehmen. Sonderlich appetitlich ist Teer für Insekten und Pilze jedoch nicht. Die Herstellung von Kiefernteer war schon zu früheren Zeiten aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Auch heute wird der Teer nach traditioneller Art hergestellt und kostet pro Liter ca. 40€.
Harte Arbeit und vor allem Geduld brauchte es auch für das zweite Geheimnis: Zwei bis drei Jahre vor der eigentlichen Fällung wurden die Bäume “verletzt”. Umlaufende Axthiebe bis hin zur Krone sollten die Selbstheilung der Bäume anregen. Der Baum versuchte seine Wunden zu schließen und produzierte in großen Mengen Harz.
Das so gewonnene Bauholz war von Harz durchtränkt und somit witterungsbeständig.
Der Arbeitsaufwand dieser beiden Methoden war enorm und vor allem das Teeren der Außenflächen muss auch heute in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
Dennoch finde ich es faszinierend, welche Methoden es bereits damals zur Modifizierung von Holz gab. Kebony, Accoya und Thermoholz führen diesen Gedanken weiter und wir können gespannt sein, welche weiteren Möglichkeiten in dem wunderbaren Werkstoff Holz stecken.
Wer in Deutschland eine Stabkirche sehen möchte, findet in dem Harzer Städtchen Hahnenklee einen auch in Norwegen bekannten Nachbau.
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