Glänzende Oberflächen – Baumharz statt Schellack

Die glänzende Oberfläche einer Schellackpolitur fasziniert seit Jahrhunderten und verleiht in vielen geduldigen Arbeitsgängen Möbeln eine besondere Optik und Haptik.
Schellack verleiht nicht nur Möbeln Glanz, sondern z.B. auch Nagellack oder mancher Süßigkeit (bspw. kleinen Schokoladenkugeln mit Milchcremefüllung).
Das auch als Lackharz bekannte Produkt besteht aus den Ausscheidungen der weiblichen Lacklaus (Laccifer lacca), die in Indien und Thailand beheimatet ist. Die Ausscheidungen finden sich an der Rinde und den Blättern der Bäume, auf denen die Laus lebt.
Für ein Kilogramm Schellack benötigt es dazu die Ausscheidungen von 300.000 Läusen.*
Schellack wird in dünnen Bruchstücken ausgeliefert und durch die Verdünnung mit Alkohol streichfähig.

Baumharz als Schellack-Ersatz: Leinölfirnis, Kolophonium und Alkohol bilden das Trio für Glanz und Elastizität. Leinölfirnis, Kolophonium und Alkohol bilden das Trio für Glanz und Elastizität.
Die fertige Lösung…

Als Alternative bzw. Ergänzung werden Baumharze verwendet. 
Benzoe, Kopal oder Mastix verbessern ähnliche wie Legierungen bei Metall die Eigenschaften des Schellacks.
In alten Büchern und mit Hilfe eines Restaurators habe ich zudem auch Rezepte gefunden, die Kolophonium enthalten. Meine ursprüngliche Motivation war die Herstellung eines regionalen Lacks ohne tierischen Ursprung. 
Kolophonium wird aus dem Harz von Koniferen gewonnen, dessen klebrige Eigenschaften wohl jeder von uns schon einmal erfahren durfte.
In Alkohol gelöst kann es gestrichen werden.
Der große Nachteil: Kolophonium ist sehr spröde und so kann es beim Trocknen des Lacks bereits zu rissen kommen. Auch im weiteren Verlauf bietet der lebendige (und im wahrsten Sinne des Wortes bewegende) Werkstoff Holz nicht gerade die beste Grundlage für eine spröde Oberflächenbehandlung.
Ein Rezept empfiehlt die Beigabe von Leinöl im Gewicht-Verhältnis 1:1:1 (Alkohol Kolophonium Leinölfirnis)

Nachdem das Kolophonium über Nacht in Alkohol gelöst wurde, wurde der passende Anteil Leinöl hinzugefügt. Der zweifache Auftrag erfolgt mit einem Pinsel. 
Nach dem ersten Auftrag und zweitägiger Trocknung wurde fein zwischengeschliffen, der zweite Auftrag war nach viertägiger Trocknung meiner Meinung nach ausreichend fest.
Der Glanzgrad ist überraschend hoch und auf den ersten Blick war ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Dieser Pinsel wird normalerweise für die Verwendung bei Streichschellack empfohlen.
Das glänzende Ergebnis. Die grobporige Eiche kann auch vorab noch mit Bimsmehl gefüllt werden.


Bei größeren Flächen folgte jedoch schnell Ernüchterung: Die durch das Öl erhöhte Viskosität sorgt für ein schlechtes Fließverhalten beim flächigen Auftrag, die Reinigung der Pinsel ist durch das Harz/Öl-Gemisch aufwendig und die Oberfläche ist für lange Zeit sehr staubanfällig.
Die Idee ein regionales Produkt zu verwenden ist leider auch nicht aufgegangen: Nach ein wenig Recherche musste ich feststellen, dass nicht etwa die Brandenburger Kiefernwälder als Abbauquelle dienen, sondern höchstwahrscheinlich aus den USA, Russland oder China importiert wurde.
Schellack scheint daher zusammengefasst die weiterhin bessere Variante für glänzende Oberflächen zu sein. Wer mehr dazu erfahren möchte, findet im Buch „Reparieren, Renovieren, Restaurieren“ von Melanie Kirchlechner viele weitere Informationen .
Das kleine Experiment hat mir jedoch nicht nur Spaß bereitet, sondern mich auch die Welt der Öllacke entdecken lassen. Dazu an anderer Stelle mehr….

*Quelle: materialarchiv.ch/de/ma:material_1415

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