Die dunkle Jahreszeit beginnt, die Möbel-Projekte im Keller werden wieder zur liebsten Freizeitbeschäftigung und der Werkzeug-Fuhrpark ist endlich an dem Punkt
„Ich hab alles“ angekommen? Klasse, dann ran an die Hobelbank und losgelegt.
Wer sich dabei neuen Herausforderungen widmen möchte, könnte sein nächstes Projekt mit Hilfe des „Hamburger Modells“ planen.
Dieses wird mittlerweile häufig zur Planung/Bewertung von Gesellenstücken verwendet. Dabei sollen die unterschiedlichen Schwerpunkte von Tischlereien und der Lehrzeit berücksichtigt werden. Wer bspw. während seiner Ausbildung viel furniert hat, kann Punkte bei der Furniergestaltung sammeln. So entfällt auch die Pflicht, handgefertigte Verbindungen herzustellen, was wohl für die wenigsten zum Arbeitsalltag gehört. „Das muss man doch können“ denkt man sich im Hobby, doch der Beruf hat sich weiterentwickelt und mit ihm die Aufgabenfelder.
Wer im Büro arbeitet muss schließlich auch nicht mehr die Schreibmaschine oder Lochkartenmaschine bedienen können, um eine gute Arbeitskraft zu sein.
Je nach Innung unterscheiden sich die Vorgaben, in der Regel müssen jedoch 10 Punkte erfüllt werden.
Nachfolgend sind diese kurz in meinen Worten zusammengefasst:
Punkte und Anforderungen
3 Punkte Statische Hülle Damit ist ist die Herstellung eines Produkts/Möbels gemeint, welches aus Werkstoffen und lösbaren/ festen Verbindungen eine Hülle bildet.
2 Punkte Bewegliche Elemente Ein Schubkasten, eine Türe, Rolladen, Klappen… alles was sich bewegen lässt.
2 Punkte Vollholzverbindungen am Korpus/Gestell Üblicherweise Zinken oder Schlitz/Zapfen
2 Punkte Vollholzverbindungen am Schubkasten und entsprechender Führung Üblicherweise Zinken und einer klassischen/genuteten Führung oder sogar einem Kulissenauszug
2 Punkte Furnierte Flächen oder selbst hergestellte Vollholzflächen
Neben furnierten Flächen kann auch die Herstellung einer Platte gewählt werden, bspw. Tischlerplatte (korrekterweise Stabplatte).
2 Punkte Eingestemmte Bänder
1 Punkte Geschweifte Bauteile Alles was nicht gerade ist. Wie wäre es z.B.
mit einer geschweiften Aussparung für den neuen Schreibtisch?
2 Punkte Geschweifte Flächen Obacht, hier wird es meist knifflig:
Gebogene Korpusteile/Türen erfordern aufwendigen Schablonenbau
und Formverleimungen oder Dampfbiegen
2 Punkte Besondere Passungen Möglich wären hier z.B. Trichtertüren. Dabei sind die Kanten von Korpus und Türe auf Gehrung gesägt. So ergibt sich bei schließen keine Fuge.
1 Punkte Verabeitung von Kunststoffen, Metallen oder Glas Eine Front aus Kupfer? Türen mit Glassfüllung? Manchmal sorgen kleine Akzente mit anderen Materialien für neue Herausforderungen.
2 Punkte Einbau besonderer Halbzeuge Lichtinstallationen, Motoren, Seilkonstruktionen – Auch hier wird wieder ein Blick über den Holzteller notwendig
2 Punkte Fertigung besonderer Oberflächen Schellackpolitur oder eine gehämmerte Oberfläche (wurde z.b. hier gezeigt https:// www.holzwerken.net/blog/dominik-ricker/hammerschlag-schafft- schnitzoptik-oberflaechenbehandlung-der-besonderen-art/)
2 Punkte Furniergestaltung Intarsien, Marketieren oder komplexe Furnierabwicklungen (wie z.B. Sternfugen)
1 Punkte Selbstgebaute Beschläge Selbstgemacht schmeckt doch am besten – selbstgebaut erfreut am meisten
1 Punkte Besondere Belagstoffe Linoleum, Kork, Leder, Stoff – Die Technik ähnelt der vom Furnieren und eröffnet neue Möglichkeiten
1 Punkte Gedrechselte Elemente Knöpfe, Griffe oder Stuhlbeine lockern die meisten eckigen Formen ein wenig auf.
1 Punkte Nachweis einer nachhaltigen Konstruktion Lässt sich das Möbel am Ende seines Lebens gut recyceln, zwischendrin gut reparieren und bereits zu Beginn energiesparend herstellen? Ganz unverkrampft können auch diese Gedanken inspirieren.
Wer sich den Spaß machen möchte, kann noch ein wenig mehr Spannung mit ins Spiel bringen: Für den Bau des Gesellenstücks galt bei mir damals eine Beschränkung auf 85 Stunden Bauzeit.
In jedem Fall wünsche ich viel Spaß bei der nächsten Planung eures Projekts, fordert, aber überfordert euch nicht und habt Spaß.
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