Meine Hobelsammlung – „Weniger ist mehr“ oder „haben ist besser als brauchen“?

Wie viele Hobel braucht man in der Werkstatt – und welche eigentlich?

Sammeln kann ein schönes Hobby sein. Man jagt alten Schätzen hinterher, versucht die limitierte Auflage zu ergattern… und stellt mit Ernüchterung fest, dass die Freude darüber meist nur von kurzer Dauer ist. Also her mit dem nächsten Modell…

Ich gebe zu, im Internet kriegt man auf den bekannten Seiten wirklich immer wieder sehr verlockende Angebote und so hat es mich lange Zeit auch immer wieder zu diversen Käufen verführt. In Kommentaren zu Videos heißt es dann noch oft “haben ist besser als brauchen” und “man kann nie genug Werkzeug haben”.

Eine Übersicht meiner Hobel

Doch irgendwann stand ich in der Werkstatt und dachte mir “Nimmst du zum Hobeln jetzt den Japanhobel, den alten Ulmia, den Veritas Flachwinkel oder den Stahlhobel?”

Dieser Gedanke war mein Warnsignal: Man kann zu viel Werkzeug haben! Unterm Strich erledigt jeder meiner Putzhobel den Auftrag. Je mehr Auswahl ich habe, desto mehr Zeit verbringe ich mit der Auswahl, anstatt zu arbeiten.
Also wurde gnadenlos aussortiert und es soll wieder das Handwerk im Vordergrund stehen und nicht die Größe und Exklusivität meiner Werkzeugsammlung.

Daher habe ich auch bewusst meine teuren Hobel verkauft und gegen alte Hobel von Record und Stanley eingetauscht.

Natürlich ist meine Auswahl individuell und es fehlen Schweifhobel, große Raubank, Ziehklingenhobel, Profilhobel, Zahnhobel…. aber diese Hobel benutze ich persönlich kaum, bzw. kann mit wenig Improvisation auch hervorragend auf diese verzichten.

Ob der Hobel nun aus Stahl oder in europäischer/japanischer Bauform hergestellt ist für die Auflistung nicht wichtig, es sollen lediglich die aus meiner Sicht notwendigen Typen gezeigt werden.

Von Links: Einhand-Flachwinkelhobel, Schrupphobel, Hobel No.4, Hobel No.6

  • Der Einhandhobel ist ein Spezialist an der Kante, zum putzen von Keilen/Dübeln, hat keine Probleme im Stirnholz und liegt gut in der Hand.  
  • Ein Schrupphobel fehlt in vielen Werkzeugschränken (zumindest suggerieren mir das Fotos und Videos 😉 ). Im japanischen und anglo-amerikanischen sind Schrupphobel kaum verbreitet, daher findet sich hier ein deutscher Vertreter. Beim Abrichten beschleunigt er die Arbeit ungemein, ist zudem auch sehr leicht und in Verbindung mit dem schmalen Eisen für langwierige Arbeiten gut einzusetzen. 
  • Putzhobel/Schrupphobel/No.4 Der Alleskönner und für viele der wohl wichtigste Hobel. Ich habe lange Zeit lieber einen deutschen Reformputzhobel mit verstellbarem Hobelmaul genutzt. Eine Verstellung ist zwar auch mit dem alten Engländer möglich, ist aber so umständlich, dass ich es meist eh nicht mache.  
    Dennoch gefällt mir der tiefere Schwerpunkt vor allem beim Hobeln von schmalen Kanten besser als bei der deutschen Variante.  
  • kurze Raubank/No.6 Zum ebnen größerer Flächen wurde mir in der Ausbildung immer die große Raubank in die Hand gedrückt. In meiner Werkstatt habe ich die Raubank nur selten angerührt: Viel zu groß und schwer für lange Arbeiten. 
    Die kürzere Version (ebenfalls in Holz erhältlich) macht wesentlich mehr Spaß und  ist angenehmer in der Handhabung. Rein theoretisch wird die Fläche mit der großen Raubank zwar planer, in der Praxis spielt das für mich jedoch eine untergeordnete Rolle 
Von Links: Grundhobel, Falzhobel, Simshobel, Nuthobel

  • Der Grundhobel ist unter den Spezialhobeln wohl der wichtigste Kandidat und sehr häufig im Einsatz. Gratungen aushobeln, Falz nachbearbeiten, sogar Falz und Nut hobeln ist damit möglich. 
  • Der Falzhobel: Eine Falzverbindung ist vor allem im traditionellen Möbelbau bei Flächen/Füllungen (als Stoß bei Rückwänden oder bei Abplattungen) ein wichtiges Werkzeug, im Kombination mit einem Nuthobel kann aber auch eine Eckverbindung hergestellt werden. Dieses Exemplarl liegt gut in der Hand und ist für wenig Geld zu bekommen. 
  • Der Simshobel ist zugegeben ein Wackelkandidat und sehr selten im Einsatz. Er dient eigentlich fast nur dem Nacharbeiten von Falz und Zapfen, wobei bei letzterem der Grundhobel eigentlich genaueres Arbeiten ermöglichen kann (und auch wenn es jetzt allem bislang geschriebenen wiederspricht: Den find ich wirklich schön) 
  • Ein Nuthobel ist nicht einfach zu finden, aber bei der traditionellen Holzbearbeitung ein sehr wichtiges Werkzeug. Ist gibt zwar auch andere Methoden, aber mit dem Nuthobel gelingt die Arbeit wiederholgenau und schnell. Der gezeigte Kombinationwinkel erlaubt das Einsetzen verschiedener Schneiden, sodass er auch zu einem Falzhobel oder Profilhobel umgebaut werden kann. Für gelegentliche Arbeiten ok, allerdings können die Späne nur schlecht abtransportiert werden und der Hobel blockiert. 

Mich hat die Auflösung meiner Hobelsammlung befreit, ebenso die andauernde Auseinandersetzung mit der “perfekt” geschliffenen Schneide oder welche Bauart/Hersteller nun am besten ist. Das habe ich viele Jahre lang gemacht, ich kann in kurzer Zeit eine ausreichend gute Schneide herstellen und die Hobel liegen gut in der Hand.
Meine grauen Zellen kann ich jetzt mehr für das Konstruieren von Möbeln einsetzen:-)

Die Werkzeugkiste des Anarchisten von Christopher Schwarz

Wer sich genauer mit dieser Thematik auseinandersetzen möchte und einen Überblick über notwendige Werkzeuge haben möchte, dem sei dieses Buch empfohlen.

Ich fände den Titel “Die Werkzeugkiste des Puristen” zwar etwas treffender, aber darüber verliert der Autor in seinem Buch auch ein paar Worte.

Hier werden unter anderem auch die Werkzeuglisten bekannter Tischler vorgestellt, denn eins möchte ich hier noch einmal klar betonen:

Jeder baut andere Möbel, jeder braucht andere Werkzeuge. Aber zumindest die gezeigten und von mir genutzten Werkzeuge dürften/sollten sich in jeder Kiste finden lassen.

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