Natürliche Leime aus der Tube

„Stinkt und nervig in der Anwendung“ – moderne Naturleime in der Leimflasche räumen mit Vorurteilen auf 

Seit Jahrtausenden werden mit natürlichen Leimen Holzelemente miteinander verbunden. 

Vor allem RestauratorInnen schätzen die Wasserlöslichkeit. So kann eine Eckverbindung oder beschädigtes Furnier mit Wasserdampf schadensfrei abgelöst und wieder neu angeleimt werden. 

Viele stören sich jedoch am Prozess, den diese Leime mit sich bringen: 
Die Leimperlen müssen im Wasserbad bei ca. .60°Celsius aufgelöst werden, denn sobald der Leim geliert, verliert er an Klebekraft. (Hinweis: In Ausgabe finden Sie mehr zu diesem Thema). Das bedeutet immer ein bisschen Organisation und vor allem beim Furnieren: Noch ein bisschen mehr Hektik! 

Mittlerweile gibt es jedoch auch Produkte auf dem Markt, die bereits fertig angemischten Glutinleim in der Tube anbieten. Mit den enthaltenden Zusatzstoffen kann die Anwendung dann wie bei Weißleim erfolgen. 

Die drei mir geläufigsten möchte ich heute einem kleinen Vergleich unterziehen. 

Erste Reihe, von links: Titebond Hide Glue, Fischleim, Akanthus Helix Restauratorenleim

Die amerikanische Firma Titebond ist mittlerweile auch in vielen deutschen Werkstätten vertreten. Ich habe viele der Produkte ausprobiert und sehe bei der Verleimung von Holz keinen Vorteil gegenüber den hier gängigen Weißleimen. Aber das wäre ein anderes Kapitel wert 😉 

Den “Hide Glue” habe ich beim Bau meines Gesellenstücks kennengelernt, welches ausschließlich aus Naturprodukten bestehen sollte. Bis heute hat sich keine Klebeverbindung gelöst. 

Fazit: Titebond ist von den hier vorgestellten der teuerste im Test, hinterlässt eine dunkle Leimfuge und ich konnte bislang nicht die genaue Zusammensetzung erfahren (es gibt lediglich den Hinweis Ammoniumthiocyanat, was wohl als Konservierungsmittel dient). 

Bei großflächigen Furnierarbeiten trocknet der Titebond sehr schnell, was die Verarbeitung erschwert.  

Leimprobe: Beim Abscherversuch werden ein paar Holzfasern herausgerissen, auffällig ist der dunkle Leimrückstand.

Der Akanthus Helix Restauratorenleim wird in Deutschland nach alter Rezeptur angerührt. 

Zitronensäure wirkt dabei als Konservierungsmittel, Harnstoff, Sojalecithin und Borax sorgen für eine höhere Festigkeit und verringern den Gelierpunkt.  

Furnierarbeiten lassen sich mit diesem Leim sehr gut ausführen, seine geringe Viskosität erlaubt beim Restaurieren auch das Unterspritzen mit einer Nadel bei gelöstem Furnier. 

Durch den höheren Festkörperanteil lassen sich bei mehrfacher Anwendung auch Fehlstellen auffüllen. 

Fazit: Akanthus ist von den hier vorgestellten der günstigste im Test, hinterlässt eine helle Leimfuge der Hersteller geht offen mit den Inhaltsstoffen um. Für mich ein zunehmend wichtigerer Faktor. 

Leimprobe: Beim Abscherversuch werden ebenfalls ein paar Holzfasern herausgerissen, der Leimrückstand ist hell und ähnelt dem von Weißleim.

Fischleim gibt es von verschiedenen Anbietern. Der Gelierpunkt liegt gegenüber von Haut-/Knochenleimen ohne Zusatzstoffe bei lediglich 8-10°. Über weitere Zusatzstoffe finden sich keine Angaben. Manche Hersteller setzen/setzten jedoch Formaldehyd bei. Im Zweifel also besser noch einmal in Erfahrung bringen. Interessant ist die gute Klebewirkung in Verbindung mit Metall, sofern dies vorher angeschliffen wurde. Tom Fidgen rät bei Messing vorher noch eine mit einer Knoblauchzehe darüber zu reiben. Ich habe in der Werkstatt aber meist eher ein Stück Schleifpapier in der Hand. Fischleim sagt man eine höhere Elastizität nach, beim Möbelbau merke ich davon bislang allerdings nichts und auch in der Verleimprobe zeigt sich kein Unterschied. 

Fazit: Fischleim ist leider mit Abstand der teuerste der hier gezeigten Leime.  

Die Anwendung/Viskosität ist ähnlich der von Weißleim 

Leimprobe: Bei allen drei natürlichen Leimen zeigen sich ähnliche Faserausrisse, die Klebekraft scheint weitestgehend identisch zu sein. Der Leimrückstand ähnelt dem Akanthus.

Zum Vergleich handelsüblicher Weißleim: Die Klebekraft ist sichtbar größer.

Die Temperatur ändert die Viskosität: Unter 25 Grad zeigt sich beim Akanthus und Titebond, unter 15 Grad auch beim Fischleim eine erhöhte Viskosität. Im Winter daher am besten auf die Heizung stellen oder vor der Anwendung kurz unter warmes Wasser halten. 

Mir war zwar bewusst, dass Weißleim eine höhere Klebekraft hat, der Unterschied fällt jedoch größer aus als gedacht. 

Für statisch beanspruchte Elemente ist daher keiner der gezeigten Naturleime zu empfehlen. Für den Möbelbau im Innenraum und erst Recht zum fachgerechten Restaurieren eignen sich die Leime jedoch hervorragend.  

Netter Nebeneffekt: Glutin-Leim an der Kleidung lässt sich im Gegensatz zu Weißleim wieder auswaschen. Nur so nebenbei bemerkt… oder bin ich der einzige, der sich die Oberteile immer auf Hüfthöhe einschmiert 😉 

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