Sicherheitsgurte und Airbags sollten für mehr Sicherheit sorgen, doch vor allem zu Beginn sahen viele Menschen darin auch eine Gefahrenquelle.
Elektronische Stabilitätskontrolle, ABS und moderne Systeme wie aktive Brems- und Spurhalteassistenten werden ebenfalls gerne als “technischer Firlefanz” betitelt.
Auch bei unseren Werkzeugen kommen zunehmend elektronische Sicherheitssysteme zum Einsatz: Rückschlagsicherungen bei Akkuschrauber und Tauchsäge, Sägeblattbremsen bei Kreissägen. Ich möchte im heutigen Blog ein wenig meine Gedanken zu diesem Thema mitteilen.
Sicherheitsvorkehrungen wie Spaltkeil, Schutzhaube, Spandickenbegrenzung oder ein zusätzlicher Griff am Bohrhammer sind seit Jahren vorhanden.
Wenn man sich die ewigen Diskussionen im Internet allein zu Spaltkeil und Schutzhaube ansieht, dann sind die kritischen Stimmen oft der Meinung: Zu viele Sicherheitsvorkehrungen sorgen für nachlassende Konzentration bei der Anwendung.
Wenn es nun auch noch Systeme gibt, die automatisch stoppen, wenn man das rotierende Sägeblatt berührt oder unkontrolliert in das Material eintaucht, dann kommt wohl noch verstärkter der Gedanke auf, es könne doch eh nichts mehr passieren.
Diese Gedankengänge zeigen die Tücke von jeglichen Sicherheitsvorkehrungen:
Es sollte ein grundsätzliches Verständnis für den richtigen Umgang mit ihnen geben.
Trotz Stabilitätsprogramm sollte man das Auto nicht im dauerhaften Grenzbereich der Bodenhaftung bewegen und ebenso wenig trotz “Saw-Stop” das Werkstück einen Zentimeter vom Sägeblatt entfernt mit dem Finger durchschieben.
All diese Systeme sind dafür konzipiert, den Schaden einer Gefahrensituation zu begrenzen.
Es sollte dennoch stets so agiert werden, dass die Systeme gar nicht erst ausgelöst werden müssen und lediglich als letzten Puffer gesehen werden.
Schon oft habe ich nach einer Verletzung gelesen: „Hätte ich mal ein Saw-Stop gekauft, dann wäre mir nichts passiert“. Rekonstruiert man den Unfallhergang, dann lässt sich dieser in 99.9 % der Fälle auf fehlerhafte Bedienung zurückführen.
Die wichtigsten Sicherheitsvorkehrungen sind daher die korrekte Einweisung im Umgang mit den Maschinen und das Verständnis ihrer Funktionsweise/des zu bearbeitenden Materials. Warum entsteht überhaupt ein “Kickback”/Rückschlag, wie können schmale Werkstücke dennoch sicher zerspant werden? Welches Konzept steckt hinter Spandickenbegrenzung, Spaltkeil und Schutzhaube?
Es gibt durchaus Gefahrenquellen, die auch mit den modernen Systemen weiterhin bestehen bleiben. So kann es auch weiterhin bspw. zu zurückfliegenden Abschnitten kommen, die je nach Standort für schwere Verletzungen sorgen können.
Investiert daher bitte zuerst in den richtigen Umgang mit den Werkzeugen.
Bei der BG kann man für 400-500€ einen Kurs zur korrekten Bedienung der Kreissäge, Abrichte/Dickenhobel und den üblichen Handmaschinen machen (Übrigens der gleiche Kurs, den man auch in der Ausbildung durchläuft).
Ein gewiss stolzer Preis, dessen Höhe ich nicht ganz unkritisch sehe und der für viele wohl auch leider etwas zu hoch ist. Alternativ findet sich vielleicht auch jemand in der umliegenden Tischlerei, der ein paar Privatstunden gibt. Ich halte diese Investition für sicherer, als der Kauf einer der Maschinen mit elektrischem Sicherheitssystem, ohne das entsprechende Vorwissen zu haben.
Darauf aufbauend sollten alle zur Verfügung stehenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um dann in letzter Instanz durch moderne Sicherheitsysteme unterstützt zu werden. In dieser Reihenfolge bin ich ein großer Befürworter dieser Systeme und freue mich sehr über die kommenden Verbesserungen.
Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass im Ernstfall das elektrische System nicht auslöst, besteht leider auch immer die Möglichkeit, dass man als Mensch einen Fehler gemacht hat.
Darum finde ich es auch unverständlich, sich über Arbeitsunfälle lustig zu machen oder sich mit den Worten “mir passiert das nicht, ich pass ja auf” bzw. “ich mach das schon immer so, mir ist noch nie was passiert” der Gefahr entziehen möchten.
Menschen machen Fehler und mit dem Wissen über diesen Fakt gilt es nun, die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung auf ein Minimum zu begrenzen.
Wenn die Konzentration fehlt, dann bleibt an dem Tag eben die heimische Werkstatt geschlossen. Wenn man im Sonderangebot die neue Abrichte gekauft, aber noch nie bedient hat, dann lässt man sich die Anwendung zunächst zeigen.
Trotz “Antikickback” wird der Rückschlagstop auf der Führungsschiene fixiert und trotz Saw-Stop nutzt man den Schiebestock.
In diesem Sinne wünsche ich von Herzen ein weiterhin gesundes Arbeiten. Lasst euch durch Sicherheitsvorkehrungen nicht einschränken, sondern seid froh, dass ihr von den Fehlern anderen profitieren könnt.
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