Japanische Eiche ohne Gerbsäure und viel Vanille – Zu Besuch in einer Brennerei

Seit Jahrhunderten dienen Fässer aus Eiche als Transportbehältnis für Lebensmittel.

Während gepökeltes Fleisch oder Fisch mittlerweile in Kunststofffässern gelagert werden, 
ist die Reifung von Wein und dunklen Spirituosen wie Rum, Weinbrand oder Whiskey/Whisky im Eichenfass immer noch gängig.
Ein Besuch in einer bayrischen Whisky-Brennerei zeigt dabei die Bedeutsamkeit dieses wandelbaren Rohstoffs.
Während wir in unserer Werkstatt mit leuchtenden Augen die schöne Maserung und Spiegel bewundern, zählen bei der Fassherstellung andere, aber bekannte Eigenschaften.

Porigkeit:

Im Vergleich zur feinporigen Buche sind die Poren bei der Eiche auch mit bloßem Auge zu erkennen.
In diesem Blogbeitrag https://www.holzwerken.net/blog/dominik-ricker/oberflaechenbehandlungen-die-nicht-anfeuern/
wird gezeigt, wie man mit dieser Eigenschaft und dem passenden Öl ein wenig spielen kann. In den Poren sammeln sich farbige Bestandteile und können einen interessanten Kontrast bilden. „Gekalkte Eiche“ wird alle Jahre wieder zu einem neuen Trend der hiesigen Möbelgeschäfte.
Bei der Fassreife ermöglich die offenporige Eiche das Eindringen von Luft, die so stattfindenden oxidativen Prozesse nehmen geschmacklichen Einfluss auf das Getränk. Amerikanische Eiche ist dabei wohl offenporiger als die europäische Eiche und wird unter anderem deswegen beim Fassbau bevorzugt.

Gerbsäure:

Die Gerbsäure in der Eiche sorgt für ihre Witterungsbeständigkeit im Außenbereich, antibakterielle Schneidebretter und die Reaktion mit Metall oder Ammoniak für interessante Farbveränderungen bei Möbeln.
Um Bakterien muss man sich bei einem Alkoholgehalt von über 60% im Fass wohl keine Sorgen machen.
 Beim Geschmack kann man sich dagegen schon streiten: Die Gerbsäure bzw. der Tanningehalt beeinflusst sowohl die Farbe als auch den Geschmack der Spirituosen, der in der jahrelangen Lagerung in das Getränk übergeht.
Ich möchte an dieser Stelle erneut darauf hinweisen, dass die aufgenommene Gerbsäure durch Verwendung von Eiche-Schneidebrettern kein gesundheitliches Risiko darstellt 😉

Astfrei und ausschließlich stehende Jahrringe: Auch ohne Inhalt liegt hier schon ein kleines Vermögen.
Die Poren der Eiche sind bereits aus der Entfernung gut wahrzunehmen.

Geruch/Geschmack:

Die wenigsten von uns werden auf ihren Eichebohlen rumknabbern, aber den angenehmen Geruch von gehobelter Eiche haben hoffentlich schon alle wahrgenommen. Ein wenig intensiver wird er übrigens bei der Verwendung eines stumpfen Sägeblatts, wenn sich schon leichte Brandspuren entwickeln.
Diese Technik wird auch bei Fässern angewendet, man spricht dabei von „Toasting“:

Mit einer Flamme wird die Innenseite der Fässer getoastet. Durch das Anrösten der Oberfläche wird Lignin abgebaut und dabei entsteht unter anderem Vanillin.
Klingt wie Vanille und ist tatsächlich auch Bestandteil des namengegebenen Gewürz.
Vor allem die frischen amerikanischen Eichenfässer geben dem amerikanischen Whiskey seine deutliche Vanille-Note.

Die Poren der Eiche sind bereits aus der Entfernung gut wahrzunehmen.
  • Kleiner Fakt an dieser Stelle: Um die amerikanische Holzindustrie zu unterstützen, wurde gesetzlich beschlossen, dass amerikanischer Whiskey stets in einem neuen Fass gelagert werden muss. Mit etwas längerer Reifezeit könnte aber noch 2-3 mal gelagert werden. Darum werden die amerikanischen Fässer nach der vorgegebenen Reifezeit von 3 Jahren zum Beispiel nach Schottland oder auch in die kleine Brennerei in Bayern verschickt, wo sie weiter genutzt werden.

Je länger die Spirituose im Fass lagert, desto mehr Geschmacksstoffe nimmt sie aus der Eiche und der Umgebungsluft auf. Damit steigt allerdings auch zunehmend die bittere Note durch den Gerbsäureanteil.
Die im Titel erwähnten japanischen Wassereiche (Mizunara Eiche bzw. Quercus Crispula) ist da ein wenig anders, 
sie enthält kaum Gerbsäure. Leider wächst sie auch nicht sonderlich gerade sondern neigt zum Drehwuchs, was die Fassherstellung enorm erschwert. Im Vergleich zu den anderen Fässern meine ich zu erkennen, dass die Fassdauben daher wesentlich schmaler sind. 
Für viel Aufwand und Geld erhält man letztlich einen Whisky, der viele Aromen enthält und sogar ein wenig an Kokosnuss erinnern soll – ein wenig Fantasie und trainierte Geschmacksknospen werden wohl vorausgesetzt 😉

Optisch auf den ersten Blick nicht von der europäischen Eiche zu unterscheiden, schlummert hier wohl etwas ganz Feines.

Ich hoffe dieser kleine Ausflug in eine etwas andere Nutzung der Eiche hat gefallen, im nächsten Blog geht es dann wieder etwas schärfer zu… 


Das könnte Sie auch interessieren

Kommentare

26.07.2024

Hallo Dominik (ich hoffe, das Duzen ist in Ordnung). Erst einmal vielen Dank für deine tolle Arbeit. Durch dich konnte ich schon sehr viel über das Holzhandwerk lernen. Beim heutigen Thema kann ich dann endlich auch mal klugscheißen ;). Auch wenn es immer wieder, auch von vermeintlichen Experten, behauptet wird: Durch das Holz verdunstet so gut wie nichts. Die meiste Verdunstung in Holzfässern geht durch das Spundloch. Dazu gibt es auch Untersuchungen, unter anderem von der Uni Geisenheim und Davis. Bei Whiskey ist die amerikanische Eiche wahrscheinlich häufiger im Einsatz, aber bei den meisten anderen Getränken (Wein, Cognac und Co.) wird europäische Eiche bevorzugt. Auch wenn häufig von französischer Eiche die Rede ist – aber das ist wieder ein anderes Thema. Fässer aus der langsamer wachsenden europäischen Eiche sind in der Regel auch deutlich teurer. Die unterschiedlichen Hölzer haben tatsächlich auch einen unterschiedlichen Einfluss auf den Geschmack. Das ist kein Hokuspokus, auch wenn es in diesem Bereich viel davon gibt. Neben dem Holz wird auch viel mit der Toastung gespielt, die Bandbreite ist hier riesig. Heute fast nicht mehr in Gebrauch, gibt es auch Fässer aus Akazien- und Kastanienholz. So, genug mit der Klugscheißerei! Viele Grüße Philipp

Kommentar verfassen