Genau, ganz präzise, und ganz einfach, das liest man in Artikeln und auf Blogs immer wieder und auch sehr gerne. Wer arbeitet schon gerne ungenau. Aber mit der Genauigkeit ist es nicht immer so einfach. Was dem einen vollkommen ausreicht, findet der andere ungenau. Dem einen reicht es auf den Millimeter genau zu arbeiten, der nächste hantiert mit dem Messschieber und der Fühlerlehre herum. Jeder hat da wohl seine ganz eigenen Vorstellungen von "genau" und "präzise". Schnell macht sich dann aber auch Verunsicherung breit. Teure, hochpräzise und möglichst viele Messwerkzeuge sind dann aber auch keine Lösung. Viel besser ist es dam wenn man sich überlegt, an welcher Stelle welche Genauigkeit notwendig ist. Oder besser gesagt, welche Art von Genauigkeit wann sinnvoll ist. Denn es gibt für Holzwerker mindestens drei Arten der Genauigkeit.
Messwerkzeuge sind wichtig, sollten aber auch nicht überbewertet werden
Beim Zuschnitt versucht man Maßgenau zu arbeiten
Will man etwas bauen, muss man sich an bestimmte Abmessungen halten. Das kann das Außenmaß eines Schrankes sein, die auszuhobelnde Materialstärke oder auch der Durchmesser einer Bohrung. In diesen Fällen arbeitet man maßgenau, was bedeutet, dass man sich an eben diese vorgegebenen Maße hält. Ein typisches Beispiel ist der Materialzuschnitt. Da versucht man die ausgerechneten Abmessungen möglichst genau einzuhalten. Wie viel Toleranz man bei welcher Arbeit akzeptieren kann, ist dabei die eigentliche Schwierigkeit. Während man bei Bohrdurchmessern meist keinen Spielraum hat, weil sonst Beschläge oder Dübel nicht passen, kann ein Schrank durchaus einen oder zwei Millimeter größer oder kleiner werden, ohne dass sich dies negativ auswirkt.
Sehr oft muss man beim Möbelbau Teile an vorhandene Teile anpassen.
Wesentlich öfter, als maßgenau, muss beim Holzwerken passgenau gearbeitet werden. Immer wieder kommt es vor, dass Teile an bereits vorhandene Teile genau angepasst werden müssen. Beispielsweise ein Einlegeboden in einen Schrank, eine Kranzleiste um einen Korpus herum, ein Zapfen, der genau in einen Schlitz passen soll. Da nutzt es meist nichts, wenn man stur nach Zeichnung arbeitet. Es gibt einfach Fälle, da muss man ausprobieren, ob das gewählte Maß richtig ist, oder ob man noch anpassen muss.
Gleiche Teile sollten auch wirklich gleich sein
Oft spielt das genaue Maß nur eine untergeordnete Rolle. Viel swichtiger ist, dass Teile, die gleich sein sollen, auch wirklich gleich sind. Gleiche Schubladen müssen wirklich gleich sein. Die Rückwandnut in einem Korpus muss an allen Teilen den gleichen Randabstand haben, Lochreihen müssen alle in der gleichen Höhe sitzen und so weiter. Wiederholgenauigkeit hängt zum großen Teil von der Qualität der Maschinen, Anschläge und Messwerkzeuge ab, aber auch vom Holzwerker und seiner Arbeitsplanung.
Holz ist ein Werkstoff, bei dem man gewisse Toleranzen von vorneherein mit einplanen muss. Wer versucht immer Maßgenau zu arbeiten, wird sehr schnell an die Grenzen des Machbaren stoßen und mit den Toleranzen zu kämpfen haben. Viel effektiver und vor allem stressfreier ist es, wenn man zwischen maßgenau, passgenau und wiederholgenau zu unterscheiden lernt. Wenn man lernt, wo nun welche Art der Genauigkeit sinnvoll ist. Das braucht etwas Erfahrung und es gibt auch keine "10 Regeln für absolut genaues Holzwerken" – Leider.
Allerdings gibt es von mir heute "10 Tipps für genaueres Holzwerken"
Machen Sie sich also nicht selbst verrückt, indem Sie versuchen genauer zu arbeiten, als es notwendig ist, oder der Werkstoff Holz das zulässt. Und seien Sie sich einer Sache immer ganz gewiss: Viele Ungenauigkeiten und vermeintliche Fehler, fallen außer Ihnen ohnehin niemandem sonst auf. Und wenn doch, soll derjenige es erst einmal besser machen!
Hallo Heiko, "Wer viel mißt mißt Mist" - das ist eigentlich mein Spruch ! Wer hat ihn Dir verraten ? ;-) Ein Altgeselle hatte mir damals den folgenden Witz mitgegeben: Lehrling: "Meister - warum pfeift der Geselle?" Meister: "Weil er anreißt." Lehrling: "Meister, warum flucht der Geselle jetzt ?" Meister: "Weil er zusammenbaut." Sehr hilfreiche Hinweise hier. Danke. Und Grüße von "kurz vor dem Walde" ;-)
ha... vergessen ... das mit den "Hochglanzwerkzeugen" und "Lila Winkeln" ist wie bei Frauens das mit den Schuhen. Es geht nicht ums Arbeiten (Laufen darin) sondern ums "schönere Ausshen" ;-)))
Zum Kommentieren müssen Sie angemeldet sein.
Hallo Heiko, volle Zustimmung. Gruß Clemens