Fachbegriffe sind in der Regel eindeutig und sie erleichtern die Kommunikation von Menschen, die sich in diesem Fach auskennen. So die Theorie. In der Praxis funktioniert das aber nicht immer, da manche Begriffe das Gleiche beschreiben, oder aber es für ein und dasselbe Ding zwei unterschiedliche Bezeichnungen gibt. In diesem Artikel entknote ich für Sie fünf Bezeichnungen und Begriffe, die jedem Holzwerker schon untergekommen, aber nicht für jeden eindeutig sind.
Wenn man Türen am Korpus oder einen Deckel an einer Truhe befestigt, braucht man ein Scharnier. Oder doch ein Band? Heißt es nun Topfband oder Topfscharnier? Spätestens dann, wenn es darum geht den entsprechenden Beschlag zu kaufen, wird dieser kleine. aber feine Unterschied wichtig. Von einem Band spricht man, wenn man die Tür aushängen kann, ohne etwas abschrauben zu müssen. Bänder bestehen daher in der Regel aus zwei Teilen. Ein Scharnier hingegen besteht nur aus einem Teil. Eine mit einem Scharnier befestigte Tür können Sie daher nur aushängen, wenn Sie es entweder von der Tür oder vom Korpus abschrauben. Bei einigen Beschlägen hat sich aber die Umgangssprache durchgesetzt. Beispielsweise beim Klavierband. (Hier könnte der Name auch von der langen Bandform kommen, ich bin mir da nicht sicher). Die richtige Bezeichnung, die sich auch in Katalogen der Hersteller immer mehr durchsetzt, lautet jedoch Stangenscharnier.
Links ein Möbelband, rechts ein Möbelscharnier.
Fasen sind abgeschrägte Kanten, bei denen noch eine gerade Kante stehen bleibt. Meist werden Fasen als Zierprofil eingesetzt. Sie haben nur selten eine konstruktive Funktion. Eine Gehrung ist auch schräg, aber hat keine gerade Kante. Gehrungen laufen spitz zu und kommen meist paarweise vor. Mit Gehrungen können zwei Bauteile sehr elegant miteinander verbunden werden. Ein Beispiel, das jeder Holzwerker kennt, ist ein Rahmen, der auf Gehrung verbunden wird, oder ein Korpus, bei dem Seiten, Boden und Deckel mittels Gehrungen verbunden werden. Gehrungen sind also ein konstruktives Merkmal. Zur Verwechslungsgefahr dieser beiden Begriffe kommt erschwerend noch die oft falsche Schreibweise. Statt Gehrung wird „Gährung” verwendet und statt Fase oft „Phase”.
Eine Fase (links) hat noch eine gerade Kante, eine Gehrung (rechts) ist Spitz,
Beide Begriffe können das gleiche Werkzeug bezeichnen. Der Oberbegriff ist „Beitel”. Auch Stechbeitel ist gebräuchlich. In der Praxis verwendet man heute meist den Begriff Stemmeisen für alle herkömmlichen Werkzeuge dieser Art. Der Begriff Stecheisen wird jedoch immer öfter für solche Beitel benutzt, die eher für feine Arbeiten ausgelegt sind. Im Handel werden beide Begriffe querbeet benutzt. Da hilft also nur genaues Hinschauen und unabhängig von der verwendeten Bezeichnung das Werkzeug kaufen, das man eigentlich braucht. Welchen Begriff Sie dann selbst verwenden ist ja eigentlich egal.
Das Werkzeug in der Mitte ist ein klassisches Stemmeisen. Das rechte könnte eher als Stecheisen bezeichnet werden, da es sich eher für feiner Arbeiten eignet. Ganz links ist ein Lochbeitel, also weder ein Stemm- noch ein Stecheisen.
In den meisten Fällen wird in der Holzverarbeitung geleimt. Das bedeutet, dass zwei Holzteile unter Zugabe von Leim dicht zusammengepresst werden, bis der Leim ausgehärtet ist. Leime sind nicht spaltfüllend. Werden die zu verbindenden Bauteile also nicht dicht zusammengepresst, wird die Verbindung nicht gut oder überhaupt nicht halten. Beim Kleben hingegen müssen die Teile je nach Kleber nicht zwingend unter Druck gebracht werden und so manche Kleber sind auch spaltfüllend. Die Grenzen zwischen Kleben und Leimen sind fließend. So mancher Leim (zum Beispiel PU-Leim) erfüllt eher die Kriterien, die man üblicherweise an einen Kleber stellt.
Leim oder Kleber, die Grenzen sind fließend. Holzwerker und Schreiner verwenden aber meist den Begriff „Leimen”, auch wenn eigentlich ein Kleber verwendet wird.
Die offizielle Berufsbezeichnung ist „Tischler”. Je weiter man in den deutschsprachigen Norden geht, umso öfter wird man diese Berufsbezeichnung lesen und hören. Im Süden hingegen ist „Schreiner” eher gebräuchlich. Mit dem, was ein Tischler herstellt, haben diese unterschiedlichen Bezeichnungen also nichts zu tun. Auch die Annahme, dass ein Tischler eher Möbel macht und der Schreiner eher Türen und Fenster, also Bautischler-Arbeiten, ist nicht richtig.
Meine ganz persönliche Variante des Schreinerwappens.
Darüber hinaus gibt es natürlich noch viel mehr Begriffe, die sich entweder eingebürgert haben, oder aber irgendwann eine neue Bedeutung bekamen. Die Beispiele „Schraubendreher” statt „Schraubenzieher” oder „Messschieber” und „Schieblehre” kennt sicherlich jeder von Ihnen. Fachbegriffe erleichtern wie eingangs erwähnt die Kommunikation zwischen Fachleuten. Ich finde es aber nicht schlimm, wenn jemand den ganz exakten Fachbegriff nicht kennt, solange der Gegenüber weiß, was gemeint ist. In meiner Werkstatt verwende ich auch „Lamellos”, obwohl ich bei Texten immer sehr darauf achte „Flachdübel” zu schreiben, obwohl die fachlich richtige Bezeichnung „Lamellen Formfeder” ist.
Hallo Heiko, bei dem Thema Leime und Kleber muss ich leider bzgl. Deiner Abgrenzungen und Erläuterungen etwas korrigieren. Leime gehören zu den sogenannten Dispersionsklebstoffen. D.h. der fertige Klebstoff ist einem Lösemittel (i.d.R. Wasser) verteilt, also dispergiert. Werden die Bauteile, in unserem Falle Holz, damit geklebt, so bringt das Wasser das Holz geringfügig zum Quellen. Würde da keine Gegenkraft (=Zwinge) eingesetzt, drückten sich die Bauteile etwas auseinander, das Wasser entweicht beim Trocknen und das resultierende Volumen ist kleiner. Ohne Zwinge würde da dann ggf. ein Spalt sein. Andere Klebstoffe, wie z.B. die von Dir erwähnten PU-Klebstoffe reagieren chemisch und haben i.d.R. einen hohen Festkörperanteil. Allerdings sollte man auch hier mit Fixierungen arbeiten, damit man den Klebstoff dicht genug an das Holz bringt (Nanometerbereich), Der Oberbegriff für beide Systeme ist aber Klebstoff. Leider nehmen auch einige Hersteller die Wortwahl nicht genau. Denn ein weiterer Punkt ist der Unterschied zwischen Kleber und Klebstoff. Richtig ist der Begriff Klebstoff für das Material und Kleber für den Menschen, der die Klebung ausführt. Sonst müssten in so mancher Firma auch nicht Werkstoffe, sondern Werker verarbeitet werden. Eine gruselige Vorstellung ;-) In diesem Sinne: Klebe wohl! Viele Grüße Lars Höper
Hallo Heiko, danke für das Aufgreifen dieses Themas. Auch mir sind die Abgrenzungen nicht immer klar (gewesen); daher auch danke an die Ergänzung zum Thema "Kleber vs. Leim". Und wenn wir schon bei Ergänzungen sind: Bis vor kurzen habe auch ich die Begriffe "Messschieber" und "Schieblehre" abwechselnd und beliebig verwendet. Nun hat mich ein Feinmechaniker auf den Unterschied hingewiesen: Eine "Lehre" ist ein fest(!) eingestelltes Werkzeug, mit dem die Masshaltigkeit eines Werkstücks überprüft bzw. eingestellt wird. (wieder so ein Unterschied … :-). Z.B. eine Fühlerlehre. Also ist der korrekte Begriff offensichtlich "Messschieber", denn dieser kann ja verstellt werden und richtet sich nach dem Werkstück - und nicht umgekehrt. Immer wieder klasse Beiträge und Diskussionen; Heiko: weiter so :-)!!!
Zum Kommentieren müssen Sie angemeldet sein.
Hallo Heiko, zu Tischler und Schreiner kann ich nur sagen, das mein Vater Anfang der 50er Jahre Möbeltischler gelernt hat und ich, als ich Mitte der 70er ebenfalls als Tischler in die "Lehre" ging, seine Berichtshefte als "Vorlage" benutzt habe. Auf diesen stand, Berichtsheft für Möbeltischler und Bauschreiner. Wobei man dort dann das entsprechende ankreuzen mußte. Da es zu meiner Zeit nur noch die Bezeichnung Tischler gab, fragte ich bei meinem Vater nach und er erklärte, es gab damals einen Unterschied. Welcher sich schon aus dem Namen ableite und das es so war, das selbst die Klassen für beide Arten in gewissen Bereichen getrennt waren. In wie weit diese Aussage realen Wert hat kann ich nicht sagen, nur was auf dem Heft stand ist mir noch sehr geläufig, da ich in meiner "Lehre" eh nur von morgens bis Abends Fenstern gebaut habe und ich mich dann eher als Bauschreiner gesehen habe. Auch, wenn diese Fähigkeiten nicht besonders ausgeprägt waren und ich nie einen Tag als Geselle gearbeitet habe.