Ich habe in meiner Werkstatt unterschiedliche Maschinen, mit denen man sehr schnell Holzverbindungen machen kann. Die Verbindungen mit Runddübeln, Dominos und Flachdübeln halten auch sehr gut. Oft bleiben die Maschinen aber ungenutzt, da ich viel lieber klassische Holzverbindungen mache. Das bedeutet aber nicht, dass diese mit Handwerkzeugen gemacht werden müssen. Viele traditionelle Verbindungen lassen sich auch gut mit Maschinen herstellen. So zum Beispiel ein eingestemmter Zapfen an genuteten Rahmenteilen. Diese kann man hervorragend mit der Oberfräse machen. Da ich nicht gerne Schablonen und Vorrichtungen baue, suche ich auch immer nach Wegen, wie man auch ohne vorherigen Schablonenbau präzise und wiederholgenau arbeiten kann. Und da gibt es für die Zapfenverbindung einen recht simplen Trick.
Dieser Trick besteht lediglich aus zwei Holzklötzchen mit Längen, welche den Position des Zapfenloches am Rahmenteil entsprechen. Im gezeigten Fall sind das 45 mm und 85 mm vom Ende des aufrechten Rahmenteils entfernt. Weshalb der Zapfen so weit vom Ende des Rahmenteils eingefräst wird, kläre ich auch gleich noch auf.
Mit diesen Klötzchen wird wie gesagt die Position des Zapfens angezeichnet. Die Klötzchen ersparen nicht nur das ständige Messen, sie haben im weiteren Verlauf noch eine weitere Aufgabe zu erfüllen. Die Breite des Zapfens wird ebenfalls angezeichnet. Die Zapfenstärke sollte im Idealfall einem Drittel der Holzstärke entsprechen. Das wären beim gezeigten Rahmen mit einer Stärke von 24 mm dann genau 8 mm. Angezeichnet werden aber nur 7 mm. Auch das hat seinen Grund.
Die erste Kante des Zapfenloches wird angezeichnet.
Die zweite Kante wird ebenfalls mit Hilfe eines Klötzchens markiert.
Die Zapfenbreite abzüglich einem Millimeter wird angezeichnet.
Der nächste Schritt besteht darin, die Oberfräse einzurichten. Spiralnutfräser eignen sich sehr gut für solche Fräsungen. Der Abstand der Fräsung zur Kante wird mittels Parallelanschlag eingestellt. Für eine sichere Führung sorgt ein zweites Rahmenholz, das ein Abkippen der Fräse verhindert. Ich nutze einen Fräser mit nur 6 mm Durchmesser. Gefräst wird von zwei Seiten. Das Werkstück wird also erst von einer Kante ausgehend gefräst, dann wird es umgedreht und es wird wieder gefräst. So ist die Fräsung ganz automatisch genau in der Mitte. Solche Fräsungen macht man am besten so, wie man auch mit einer Langlochbohrmaschine arbeitet: Zunächst wird Loch an Loch „Gebohrt“, dann fräst man die komplette Länge. Das belastet den Fräser weniger und man hat mehr Gefühl beim Fräsen. Die Fräsung selbst wird ein bis zwei Millimeter Kürzer, als angezeichnet. Die Breite der Fräsung beträgt am Ende etwa 7,5 mm. Einige Probefräsungen sind hierbei unvermeidlich.
Der Parallelanschlag der Oberfräse wird nach Anriss mit abgesenktem Fräser eingestellt.
Die erste Probefräsung
Vorbohren
Die zweite Probefräsung nach dem Drehen des Werkstückes.
Die Einstellung des Parallelanschlages bestimmt die Breite des Zapfenloches.
Das fertig gefräste Zapfenloch.
Nach dem Zapfenloch wird die Nut ins Rahmenteil gefräst. In dieser Nut würde bei einer Möbeltür später die Füllung sitzen. Die Nutbreite entspricht der späteren Zapfenstärke, also 8 mm. Sie wird mit einem 6 mm breiten Scheibennutfräser gemacht. Der Fräser wird so eingestellt, dass eine 8 mm breite Nut entsteht, wenn das Rahmenteil zweimal gefräst wird. Dazu wird erst eine Nut gefräst, dann dreht man das Werkstück um 180° und fräst die zweite Nut. Wie bereits beim Zapfenloch, wird die Nut dadurch genau in der Mitte des Werkstückes sein. Wurde alles richtig eingestellt und gefräst, ist das Zapfenloch nun auch jeder Seite etwa 0,2 mm schmaler, als die Nut.
Erster Durchgang mit dem Scheibennuter.
Zweiter Durchgang beim Nuten.
Das Zapfenloch ist minimal schmaler, als die Nut.
Bei gefrästen Zapfen, welche nicht komplett offen sind, wird das Zapfenloch bedingt durch den runden Fräser immer am Ende Rundungen haben. Ich finde es einfacher und auch irgendwie richtiger, das Zapfenloch eckig zu stemmen, anstatt den Zapfen abzurunden. Das ist aber nur meine persönliche Auffassung und keine in Stein gemeißelte Regel.
Beim Nachstechen des Zapfenloches kommen jetzt wieder die beiden Klötzchen vom Anfang ins Spiel. Sie dienen als Anschlag für das Stemmeisen. An einem Ende wird das kurze Klötzchen in die Nut gelegt und samt Werkstück auf der Werkbank fixiert. An das Klötzchen wird das Stemmeisen angelegt. So kann man ganz einfach den rechten Winkel und die richtige Position beim Stemmen einhalten. Das andere Ende des Zapfenloches wird ebenfalls mit Hilfe der beiden Klötzchen eckig ausgearbeitet. Die genaue Position des Klötzchens bekommt man, wenn man das längere Klötzchen ans Ende des Rahmenholzes legt und an dessen Ende dann das kurze Klötzchen festspannt.
Die Seiten des Zapfenloches werden noch mit einem breiten Stemmeisen nachgestochen. Die Kante der gefrästen Nut dient hierbei als Anlagekante für das Stemmeisen. So bekommt man absolut passgenaue und immer gleich große Zapfenlöcher.
Ein Anschlag fürs Stemmeisen.
Aus rund wird eckig.
Nochmal ein Anschlag fürs Stemmen.
Die Anschläge fürs Stemmeisen sorgen für ein Zapfenloch in der richtigen Größe.
Auch die Seiten des Loches werden nochmal nachgestochen.
Das Zapfenloch und die Nut sind fertig.
Weiter geht es mit dem Zapfen. Dieser kann mit einem großen Fräser (ich verwende gerne einen Falzfräser mit 50mm Durchmesser) gefräst werden. Dazu braucht man keinen Schiebetisch und keinen Winkelanschlag. Ein Vorsatzbrett und ein improvisiertes Zuführholz reichen aus. (siehe auch https://www.holzwerken.net/Blog/Heiko-Rech/Fraesen-mit-Vorsatz ) Wie bereits bei den Vorangegangenen Fräsungen, wird auch der Zapfen von zwei Seiten gefräst und ist damit perfekt mittig. Ob der gefräste Zapfen passt, probiert man am besten aus. Messen alleine reicht nicht. Der gefräste Zapfen sollte straff, aber ohne Gewaltanwendung in die gefräste Nut passen. Um eine Probefräsung können Sie sich auch hierbei nicht drücken. Der angefräste Zapfen muss noch abgesetzt werden. Aber nicht auf der ganzen Zapfenlänge. Ein Teil des Zapfens muss erhalten bleiben. Er verschleißt die Nut. Sind alle Fräsungen gemacht, sollte sich die Verbindung zusammenstecken lassen.
Der Zapfen wird am Frästisch mit Vorsatzbrett und Schiebeholz gefräst-
Der Zapfen wird von zwei Seiten gefräst und ist somit genau in der Mitte.
Auch das Absetzen des Zapfens geschieht mit Vorsatzbrett und Schiebeholz.
Das Ende des Zapfens muss genau in die Nut passen.
Die fertig gefräste Verbindung.
Das Rahmenteil mit dem Zapfenloch steht nun aber noch etwa 35 mm über. Diese Vorgehensweise ist beim Bau von Rahmen nicht unüblich. Der Überstand hat mehrere Vorteile:
Bei einem Rahmen schneidet man den Überstand nach dem Verleimen einfach bündig ab.
Die überstehenden Enden werden nach dem Verleimen abgeschnitten.
Die Eckverbindung von innen.
Die Eckverbindung von außen.
Eine solche Verbindung lässt sich einfach verleimen, ist stabil und passt meiner Meinung nach auch viel besser zu einem Möbel aus Vollholz, als moderne Verbinder. Dennoch haben Dübel, Lamellos und Co. natürlich ihre Berechtigung und ich verwende sie natürlich auch. Das schöne am Holzwerken ist aber, dass es eine ungeheure Vielzahl an (Konstruktion) Möglichkeiten bietet. Da wäre es doch schade, wenn man sich von Verbindungssystemen zu sehr einschränken ließe.
Und jetzt ist Ihre Meinung gefragt: Interessieren weitere Anleitungen für ähnliche Verbindungen?
Die beiden Teile der Rahmenecke.
Interessanter Beitrag! Ich finde es immer wieder toll, wie es Dir gelingt, die Dinge derart anschaulich zu erklären, dass auch ein Laie es versteht. Die zahlreichen, sehr guten Bilder tragen natürlich auch ihren Teil dazu bei. Ich persönlich finde solche Beiträge immer wieder interessant und freue mich schon auf den nächsten! Weiter so !
Hallo Yaisog, an der Zwinge ist nichts modifiziert. Die passen so wie sie sind hinein. Man muss nur den beweglichen Teil abnehmen und unter der Platte wieder aufstecken. Gruß Heiko
Hallo Heiko, was die Anschaulichkeit und Verständlichkeit Deiner Beiträge betrifft, kann ich mich Marc nur anschließen. Und zu Deinet Frage am Ende des Artikels: Ja, mich interessieren weitere solcher Anleitungen, und ich hoffe, dass es noch vielen anderen ebenso geht! Herzliche Grüße Rainer
Hallo Heiko, ich fand den Artikel sehr informativ und anschaulich. Diese Verbindung eignet sich vorzüglich für eine Schranktüre, die ich demnächst bauen werde. Ja, ich bin an weiteren solchen Artikeln sehr interessiert! Vielen Dank für das Erstellen und Teilen! Michael.
Hallo Heiko, das war wieder einer lehrreicher Bericht für alle die den Beruf nicht gelernt haben (behaupte ich jetzt mal), und ja gerne mehr über solche Verbindungen. Gruß Thomas
Gerne mehr. Sehr lehrreich. Beste Grüße M. Schuh
Unbeding weitere Verbindungsarten zeigen. Eine solche Verbindung ist optisch viel ansprechender und auch vom Handwerk her aus meiner Sicht erstrebenswerter.
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Ist das eine modifizierte Einhandzwinge von Wolfcraft, die du mit der gelochten Werkbank verwendest, oder nimmst du das bewegliche Teil ab und steckst die Zwinge durch? Wenn ersteres, gibt es irgendwo eine Beschreibung des Umbaus? Viele Grüße, Yaisog