Warum eigentlich noch Handwerkzeuge?

Ich habe diese Woche mit dem Bau einer Truhe begonnen. Weitestgehend mit Handwerkzeugen wird dieses Massivholzmöbel in den kommenden Wochen entstehen. Das Ergebnis können Sie ende des Jahres im Heft sehen. Mir macht die Arbeit mit Handwerkzeugen sehr viel Freude und es geht nicht nur mir so. Das Bearbeiten von Holz ohne Maschinen wird immer populärer. Das bedeutet aber nicht, dass man gänzlich auf Maschinen verzichtet. Die Grenzen sind fließend. Die wenigsten Holzwerker arbeiten wirklich komplett ohne Strom. Viele nutzen Maschinen fürs Grobe, Handwerkzeuge fürs Feine. Andere wiederum kombinieren Maschinen und Handwerkzeuge auf unterschiedliche Weise. Ich selbst gehöre zur letztgenannten Gruppe. Aber warum sind Handwerkzeug in unserer modernen Welt so beliebt?

Kaum ein Werkzeug steht so sehr für Handwerkzeuge, als der Hobel. Und das zurecht. Wer noch nie einen dünnen Span mit einem gut geschärften Handhobel abgenommen hat, der hat etwas verpasst.

Kaum ein Werkzeug steht so sehr für Handwerkzeuge, als der Hobel. Und das zurecht. Wer noch nie einen dünnen Span mit einem gut geschärften Handhobel abgenommen hat, der hat etwas verpasst.

Ich kann da natürlich nicht für alle Holzwerker sprechen, aber ich komme mit vielen Holzwerkern in Kontakt und Handwerkzeuge sind immer ein großes Thema. die Gründe die für die Nutzung stromloser Werkzeuge sprechen sind vielfältig:

  • Es fehlt am Platz für eine Werkstatt mit vielen Maschinen
  • Die Werkstatt ist in der Wohnung und es sollte so wenig wie möglich stauben.
  • Der Weg ist das Ziel.
  • Man möchte wirklich noch mit seinen Händen ein Ergebnis erzielen.
  • Das Holzwerken soll so wenig Lärm wie möglich machen
  • Arbeiten mit Handwerkzeuge entspannt

Für mich persönlich ist der letzte Grund der wichtigste. Mir macht das Arbeiten mit Handhobeln, Stemmeisen und Handsägen einfach Spaß und ich kann mich dabei auch gut entspannen. Im Hintergrund läuft meine Lieblingsmusik, es staubt nicht und ich muss keinen Gehörschutz tragen. Bei mir geht das aus Zeitmangel leider nur bei ein oder zwei Projekten im Jahr.

Auch Stemmarbeiten sind im Verhältnis zu manchen Maschinen noch sehr leise. Das macht Handwerkzeuge auch für Holzwerker interessant, die zur Miete wohnen und Rücksicht nehmen wollen oder müssen.

Auch Stemmarbeiten sind im Verhältnis zu manchen Maschinen noch sehr leise. Das macht Handwerkzeuge auch für Holzwerker interessant, die zur Miete wohnen und Rücksicht nehmen wollen oder müssen.

Irgendwo hört der Spaß aber auch auf.

Ich gehöre allerdings zu denjenigen, die nur selektiv mit Handwerkzeugen arbeiten. Das Auftrennen, Abrichten und Aushobeln des Holzes mache ich auch bei Handwerkzeug-Projekten lieber maschinell. Ich kenne nur sehr wenige Holzwerker, die so hart drauf sind, dass sie keine Maschinen nutzen.  Irgendwo hat also die Liebe zum Stromlosen Arbeiten dann doch Grenzen. Als ideale Maschinen zur Ergänzung der Handwerkzeuge sehe ich daher die Bandsäge und den Dickenhobel an.

Das muss ich mir mit Handwerkzeugen nicht geben: Das Aushobeln des Holzes mache ich dann doch lieber mit der Maschine.

Das muss ich mir mit Handwerkzeugen nicht geben: Das Aushobeln des Holzes mache ich dann doch lieber mit der Maschine.

Und manchmal ist ohne Strom auch schneller

Neben dem Spaß an der Sache gibt es aber auch rationale Gründe, die für Handwerkzeuge sprechen. Es gibt Arbeitsgänge, die damit auch schneller und sicherer durchgeführt werden können. Ein Beispiel, dass ich gerne anführe ist das Glätten einer Kante. Das ist bei Masssivholz mit einem Hobel in Sekunden erledigt. In der Zeit haben Sie die Schleifmaschine noch nicht ausgepackt. Und die Kante ist hinterher auch nicht krumm und verrundet. Oder der schnelle Schnitt mit der Handsäge. Mal schnell eine Leiste kürzen oder eine Ecke abschrägen. Eine Fase ist mit einem Einhandhobel auch schnell an einer Kante dran, da kommt die Oberfräse oft nicht mit.  Ich bin in den letzten Jahren auch ein Fan der Stoßlade geworden. Das einpassen von Leisten geht damit äußerst präzise, schnell und einfach.

Ein Beispiel, dass ich immer wieder gerne anführe: Mit einem Handhobel sind Kanten an Massivholzteilen viel schneller glatt, als mit (fast) jeder Maschine.

Ein Beispiel, dass ich immer wieder gerne anführe: Mit einem Handhobel sind Kanten an Massivholzteilen viel schneller glatt, als mit (fast) jeder Maschine.

Handwerkzeuge „Made in Germany” ?

Wenn ich mich in den einschlägigen Onlineshops umschaue, dominieren ausländische Hersteller den deutschen Markt für diese Werkzeuge.. Obwohl die Herstellung von Handwerkzeugen für die Holzbearbeitung auch bei uns eine lange Tradition hat, haben die Amerikaner, Kanadier und Japaner den Markt für sich erobert. Werkzeuge aus deutscher fertigung füllen nur noch wenige Seiten in den Katalogen. Die meisten deutschen Hersteller haben meiner Meinung nach den Trend zum Hobby „Holzwerken” verschlafen. Professionelle Schreiner brauchen kaum noch Handhobel, Stemmeisen und Handsägen. Der Hobbyanwender hat Ansprüche, welche die deutschen Traditionshersteller nur zum Teil erfüllen können. Den Markt der Hobbyschreiner haben Sie scheinbar nicht auf dem Schirm. Das ist irgendwie schade, aber wohl kaum noch zu ändern. Andererseits haben wir Holzwerker heute die Möglichkeit Werkzeuge nach ganz persönlichen Vorlieben aus der ganzen Welt zu kaufen und zu benutzen. Und das ist doch toll.

Gegenüber Werkzeugen aus Übersee wirken unsere einheimischen doch manchmal sehr antiquiert. Nur wenige deutsche Hersteller sind noch übrig und noch weniger davon entwickeln noch Neues.

Gegenüber Werkzeugen aus Übersee wirken unsere einheimischen doch manchmal sehr antiquiert. Nur wenige deutsche Hersteller sind noch übrig und noch weniger davon entwickeln noch Neues.

Ich gebe zu, dieser Blogbeitrag ist schon ein wenig philosophisch, aber das muss denke ich auch mal sein. Denn auch nach vielen Jahren werde ich nicht Müde die Vorteile von Handwerkzeugen in Artikeln und Videos herauszustellen. In den kommenden Wochen werde ich noch das eine oder andere Handwerkzeug-Thema aufgreifen. Vielleicht gelingt es mir ja den einen oder anderen Handwerkzeug-Muffel dazu zu bringen mal wieder den Handhobel zu schärfen und ein paar schöne Späne zu machen.

Kommende Woche widme ich mich dem Thema “Simshobel”

Kommende Woche widme ich mich dem Thema „Simshobel”

Wie stehen Sie zum Thema Handwerkzeuge? Veraltet, oder ein guter Gegenpol zur immer digitaler werdenden Welt?

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Kommentare

ThG 09.08.2019

Hallo Keiko, ich seh das genauso wie Du"Maschinen fürs Grobe, Handwerkzeuge fürs Feine" Grüße Thomas

Frank Reuter 10.08.2019

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Handwerkszeug und Maschinen finde ich am besten. Mit den Handwerkszeugen bekomme ich mehr Gefühl für den Werkstoff Holz und es macht mehr Spaß. Bei größeren Projekten verkürzen die Maschinen den Zeitaufwand. Somit haben beide Verfahren ihre Berechtigung. Aber jedem das Seine.

Schreinerfisch 08.09.2019

Hallo Heiko, auf dem zweiten Bild mit den Stemmarbeiten habe ich deinen schönen Handbesen gesehen. Einen solchen wollte ich mir nun auch besorgen. Dazu habe ich mich in den letzten Wochen auf verschieden Ausstellungen und Märkten, bei Bürstenmachern und Verkäufern umgesehen, aber leider bin ich bisher nicht fündig geworden. Auch in diversen Werkzeug-Katalogen und den allseitig bekannten Online-Händlern scheint mir das Thema Werkstatt-Reinigung kein Thema zu sein. Dabei ist die Sauberhaltung des Arbeitsbereiches essentiell wichtig um gute Arbeitsergebnisse zu erzielen. Wenn du mir nun verraten könntest, wo du deinen wunderschönen Handfeger herbekommen hast, wäre ich dir sehr dankbar. Viele Grüße aus der Oberpfalz Peter Karl

Heiko Rech 08.09.2019

Hallo Peter, die ist von Lie Nielsen, das ist aber eher eine Art Fanartikel. Ich habe die mal in England mitbestellt, um den Mindestbestellwert für eine kostenfreie Lieferung zu erreichen :-) Such mal mit dem Begriff "Nackenbürste" oder Nackenpinsel, dann wirst auch hierzulande fündig. (ohne Lie Nielsen Aufdruck) Gruß Heiko

Schreinerfisch 09.09.2019

Hallo Heiko, vielen Dank für den Tipp und vor allem für die schnelle Antwort. VG Peter

Franz Lehnardt 04.10.2019

Hallo Heiko, in unserer schnellebigen Zeit tut es gut, zumindest im privaten Bereich öfter mal vom Gas zu gehen. Und womit kann man das besser tun als mit Geräten, deren Sinn und Zweck nicht primär eine Zeitersparnis ist. In diesem Sinne genieße ich im Hobbyraum die entspannende und beinahe schon meditative Arbeit mit meinen teilweise schon älteren und aufgearbeiteten Handwerkzeugen. Viele Grüße aus Hessen, Franz

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