Wir alle kennen ihn und wir alle vertrauen ihm meist blind: dem Werkstattwinkel. Doch ist das eine gute Idee?
In meinen ersten Jahren habe ich immer wieder mit Passproblemen beim Zusammenbau meiner Möbel gekämpft und habe lange gebraucht, um zu begreifen, was genau das Problem ist. Meist sah das Ergebnis auf den ersten Blick super aus, doch bei genauerer Betrachtung fiel auf, dass die Einzelteile doch nicht wirklich sauber zusammen passen. Akribisch habe ich mit meinem Winkel Maschinen, Handwerkzeuge und Co überprüft – alles passte.
Auch beim Anzeichnen habe ich stetig versucht noch genauer, noch dünner anzuzeichnen, doch nichts hat das Problem lösen können.Bis ich irgendwann einen Präzisionswinkel in die Hände bekam. Aus Spaß habe ich direkt meine anderen Werkstattwinkel überprüft und musste bestürzt feststellen: KEIN einziger Winkel entsprach dem angestrebten Winkel von exakt 90°. Die Abweichungen waren teils minimal, doch wie mir schnell klar wurde: An vier Ecken minimal nicht 90° ergibt eine ganz beachtliche Abweichung in der Summe.
Doch warum schreibe ich das?
Ganz einfach! Ein präziser Winkel hat meine Arbeit verändert wie kaum etwas anderes! Ich selbst habe meinen Winkeln blind vertraut und war mir sicher, dass sir mir gute und vor allem genaue Dienste erbringen. Doch nur Vertrauen zu haben, reicht in einer Werkstatt meist eben nicht aus. Kontrolle ist wichtig!
Vielleicht ein Grund, warum ich lange Zeit keinen Präzisionswinkel besaß, war, dass ich lange Zeit selbst stets kritisch war, was die teils extrem teuren Werkzeuge anging. Doch aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass ein Winkel nur dann einen Sinn und Zweck hat, wenn er genau den Winkel hat, den er haben soll. Nicht fast oder beinahe, sondern exakt. Mit dem Einzug des neuen Winkels hat sich meine Arbeit drastisch verändert, denn auch Maschinen und Co konnten plötzlich deutlich genauer und präzise eingestellt werden.
Ich kann also nur wärmstens empfehlen, einen wirklich genauen Winkel in der Werkstatt zu haben, allein schon, um die altgeliebten einmal zu überprüfen! Und ganz wichtig: So ein Winkel sollte nicht herunterfallen! Denn die Präzision leidet doch erstaunlich unter solchen kleinen und großen Erschütterungen! Es ist eigentlich wie bei einem Fahrradhelm: Ist er einmal herunter gefallen, sollte man ihm nicht mehr wirklich vertrauen und tut man es doch, riskiert man ungeahnte Folgen. Natürlich hinkt dieser Vergleich etwas, doch ein ruiniertes Projekt kann einem den Alltag ganz sicher verhageln.
Ich habe in meinen beiden Werkstätten Winkel der verschiedensten Größen und Bauarten (z.B. Schlosser- u. Tischlerwinkel) hängen und liegen. Irgendwann einmal habe ich alle mit der "Umschlagprobe" geprüft und dabei festgestellt, dass einige von ihnen einfach nicht ganu genug waren. Diese wurden radikal aussortiert.
Jahrelang hatte Herr Winkler Passprobleme, eh er "durch Zufall" festgestellt hat das seine Werkstattwinkel nicht präzise sind....nun irgendwie merkt man das Herr Winkler nie in einer Tischlerei gearbeitet hat. Erstens gibt es den Umschlagtest, und zweitens können als Normwinkel gut die sehr genauen Schlosserwinkel nach Din 875 herhalten, wie hier schon gesagt wurde. Dieses maßlos überteuerte Gedöhns amerikanischer Alu-Schmieden mag ja ganz nett sein, braucht indes keiner! Übrigens gibt es keinen 100% exakten Winkel. auch die Nobelmarken haben Toleranzen, und man möge genau überlegen welche Toleranzen beim Holzwerken nötig sind!
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Hallo Jonas, Hallo Holzwerker, ich kann Jonas nur rechtgeben wenn er sagt das ein guter Winkel ein absolutes Muss in der Werkstatt ist. Allerdings kann ich nicht verstehen wie man hunderte Euro für Mess- und Prüfwerkzeuge aus Alu ausgeben kann. Es gibt in Deutschland die DIN 875, wenn man sich einen Anschlagwinkel nach dieser DIN 875 mit einer Genauigkeit von 0 oder 1 (0 ist besser als 1) kauft legt man je nach größe max. 300€ auf den Ladentisch (ein Winkel 300x200 nach DIN 875/1 kostet etwa 80€) und hat etwas fürs Leben.