7 Wege zu bündigen Massivholzkanten

Für die Kellerregale habe ich die OSB Platten mit Massivholzkanten versehen. Welche Methoden es gibt, um die überstehenden Kanten bündig zur Platte zu bekommen, habe ich genauer recherchiert. Hier also zuerst das Ergebnis der Recherche, gefolgt vom Bau einer Vorrichtung für die Oberfräse und eigenen Erfahrungen.

Viele Wege führen zur bündigen Kante

Am Frästisch

Der Frästisch wird mit einem Scheibennutfräser oder einem Nutfräser ausgestattet. Die bekantete Platte wird auf Distanzleisten gelegt, und so über den Frästisch geschoben, dass der Fräser genau den Überstand der Kante abnimmt. Das tolle ist, dass hier keine separaten Vorrichtungen notwendig sind. Lediglich bei sehr großen schweren Platten bzw bei einem kleinen Frästisch, gelangt diese Methode an ihre Grenzen.
Heiko Rech hat diesen Vorgang auf seinem Blog sehr schön beschrieben: „Ran an die Kanten!“ https://www.holzwerken.net/Blog/Heiko-Rech/Ran-an-die-Kanten

Am Horizontalfrästisch

Wer einen Horizontalfrästisch besitzt, kann damit auch wunderbar Kanten bündig Fräsen. Dazu braucht man lediglich einen Bündigfräser. Wie beim bündig Fräsen am Frästisch ist bei der Größe der Platte aber irgendwann ein Limit erreicht, wo es ein Kraftakt wird die Platte gleichmäßig über den Tisch zu schieben. Weitere Informationen zu der Vorgehensweise und zum Selbstbau eines Horizontalfrästisches finden sich im Video von Guido Henn: https://www.holzwerken.net/HolzWerkenTV/Oberfraese/Horizontal-Fraestisch-schafft-neue-Spielraeume ab 8:36

Mit der handgefühten Oberfräse

Platte senkrecht stehend

Natürlich kann man die Platte hochkant aufstellen und die Oberfräse mit Bündigfräser auf der Kante entlangführen. Oder eher entlang-balancieren, weil die Oberfräse bei der Konfiguration zum Kippeln neigt. Daher nur empfehlenswert bei sehr dicken Platten oder kleinen, leichten Oberfräsen und einer ruhigen Hand. Kleine Platten kann man eventuell auch bündig zur Tischplatte in die Werkbank einspanne. Dann hat man wieder eine gute Auflagefläche.

Platte liegend

Oft wird es aber praktischer sein, die zu bearbeitende Platte auf die Werkbank zu legen, und die Oberfräse daran entlang zu führen. Die überstehende angeleimte Kante ist aber der Grundplatte der Oberfräse im Weg. Um dieses Problem zu umgehen gibt es jetzt wiederum mehrere Strategien:

Umleimerplatte – Vorrichtung für die Oberfräse

An die Oberfräse wird eine spezielle Umleimerplatte angebracht. Diese Vorrichtung besteht aus einer Führungsplatte die im rechten Winkel zur Grundplatte der Oberfräse angebracht ist. Die Oberfräse wird also um 90° gekippt und entlang der schmalen Kante entlanggeführt. Durch den stabilen Winkel und die große Grundplatte liegt die ganze Konstruktion aber großflächig an der Plattenoberseite auf, und das Kippeln wird so reduziert. Diese Methode ist geeignet für kleine und mittlere Oberfräsen, sehr schwere Modelle sind auch mit der Umleimerplatte schwer horizontal zu führen. Für manche Oberfräsen gibt es diese Winkel und Umleimerplatten als Zubehör zu kaufen. Man kann sich aber eine solche Umleimerplatte auch sehr gut selbst bauen – eine tolle dazu findet sich im Buch „Handbuch Oberfräse“ von Guido Henn auf S99-101. https://www.holzwerken.net/shop/buecher/holzarbeiten_und_techniken/handbuch_oberfraese

Fräsen auf Schienen

Ein Reststück der Platte wird neben der zu Bearbeitenden Platte aufgelegt. Auf beide kommen gleichdicke Distanzleisten. Auf diesen wird die Oberfräse mit Nutfräser entlang geführt. Durch die Distanzleisten ist die überstehende Kante der Grundplatte der Oberfräse nicht mehr im Weg. Die Vorgehensweise ist hier sehr schön beschrieben: „Für Gelegenheitsfräser: Bündig fräsen wie auf Schienen“
https://www.holzwerken.net/Wissen/Tipps-Tricks/Tischlern/Fuer-Gelegenheitsfraeser-Buendig-fraesen-wie-auf-Schienen

Aufgedoppelte Grundplatte – Vorrichtung für die Oberfräse

 Die nächste Möglichkeit ist vom Prinzip der vorigen ähnlich. Die Oberfräse wird etwas erhöht aber sonst wie gewohnt über die Platte geführt. Anstatt aber – wie im obigen Punkt beschrieben – lose Distanzleisten aufzulegen, wird die Grundplatte der Oberfräse selbst zur Hälfte aufgedoppelt, und so über die zu fräsende Kante gehoben. Da die Oberfräse jetzt nur mehr zur Hälfte aufliegt und leicht Richtung Kante kippt, macht man die Aufdopplung größer und lässt sie seitlich weit über die Grundplatte überstehen. 

Die Einzelteile der Vorrichtung: Acrylgrundplatte, Aufdopplungsplatte, Holzleiste für den Griff, diverse Gewindeschrauben, Beilagsscheiben und Muttern

Zusammenbau: Die Aufdopplungsplatte kommt unter die Acrylgrundplatte, und reicht nur bis kurz vor die Öffnung für den Fräser. Die Schrauben für den Griff halten auch gleichzeitig die beiden Platten zusammen.

Die mitgelieferte Grundplatte der Oberfräse wird abmontiert. Die beiden Platten der Vorrichtung erhalten an den Bohrungsstellen der Oberfräse angesenkte Löcher. Dort wo beide Platten übereinander liegen, sollten zumindest zwei Bohrungen liegen. Lange Gewindeschrauben fixieren hier die Oberfräse. Auch dort wo die Oberfräse nur auf der Acrylplatte aufliegt, wird sie verschraubt.

Die Vorrichtung mit montierter Oberfräse

Zum Einstellen der Frästiefe, wird der Fräser im ausgeschaltenem Zustand auf die Platte abgesenkt. Zwei Blatt Papier zwischen Fräser und Platte schaffen einen Hauch distanz zwischen Fräser und Platte, damit die Platte beim Kantenfräsen nicht beschädigt wird.

Bündig fräsen mit dem Nutfräser

Bündigfräsen und Abrunden in einem Arbeitsschritt

Auch diese Vorgehensweise ist am besten für leichte, maximal mittelschwere Oberfräsen geeignet. Umso schwerer die Oberfräse, umso dicker sollten die beiden Platten sein, um ein Durchbiegen derselbigen zu verhindern. Ein Nachteil der Methode ist, dass wenn die Oberfräse doch einmal kippt, die Oberfläche beschädigt wird. Ein weiterer, dass das Holz beim Fräsen leicht ausreißt. Das Problem trat bei mir verstärkt auf, je dicker die Anleimer waren (bei 5mm und mehr). Gut und ausrissfrei funktioniert hat die Vorrichtung in Kombination mit 3 Millimeter dünnen Leisten und einem dazu passenden 3 Millimeter Radiusfräser.

Hobeln

Nach einigem Ausprobieren meine Lieblingslösung, sofern kein Frästisch zur Verfügung steht. Erstens geht das Hobeln der schmalen Kanten leicht von der Hand. Zweitens ist keine spezielle Vorrichtung nötig. Drittens liegt die Platte gut auf und es gibt nichts, das kippeln könnte. Viertens, sollte die Leiste zum Ausreißen neigt, hat man das mit dem Hobel gut Kontrolle und kann besser entgegenwirken als mit einer Maschine. Fünftens: Es ist leise und macht Spaß. Aber halt! Das artet jetzt in eine pro-kontra Maschine versus Handwerkzeug Auflistung aus. Raus aus dem Minenfeld 😉

Low-Tech und dennoch ein praktischer Weg: Kanten bündig hobeln

Hier nochmal eine Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten und dazu notwendigen Maschinen, Werkzeuge und Vorrichtungen um Kanten bündig zu bekommen.

MaschineWerkzeugVorrichtungen etcWeitere Infos auf Holzwerken.net
FrästischNutfräser, ScheibennutfräserUnterlagsleistenHeiko Rech – Ran an die Kante
Horizontal-FrästischBündigfräserGuido Henn – Video zum Horizontalfrästisch
 Das Bündigräsen wird ab Minute 8:30 gezeigt
OberfräseNutfräserPlattenrest, DistanzleisenHolzwerken Tipps und Tricks – Bündig Fräsen wie auf Schienen
OberfräseBündigfräserUmleimerplatteGuido Henn, Handbuch Oberfräse
S99-101
OberfräseNutfräser, Radiusfräser, oder andere Profilfräser mit AnlaufringAufgedoppelte Grundplatte 
Hobel 
Übersichtstabelle der Methoden zum Bündig machen von Massivholzkanten

Nach der ganzen Recherche erscheint es mir fast paradox, dass ich schlussendlich beim einfachen Hobeln gelandet bin. Dass knappe 50 Laufmeter Kanten hobeln sogar gute Laune machen, hätte ich vorher nicht gedacht.

Und wie machen Sie es?

So machts am meisten Spaß!

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Kommentare

Peter Brinkmann 17.08.2017

Ich profiliere grundsätzlich die Kanten vor dem verleimen. Zum Verleimen habe ich "Abstandhölzer". Diese Hölzer haben auf einer Seite einen Absatz von max. 0,3 - 0,4 mm. Beim Verleimen des Anleimers richte ich diesen mit den Abstandhölzern aus. Die Zwinge ist nur so fest angezogen, dass der Anleimer an der Platte hält. Da dieser zunächst noch ca. 2-3 mm Überstand hat, kann ich mit den Abstandhölzern die Kante so auf die Richtige Höhe bringen. Notfalls mit leichten Hammerschlägen auf das Abstandholz. Dann werden die Zwingen festgezogen. der Überstand des Anleiers wird nochmals kontroliert und evtl. korrigiert. Nach dem Abbinden des Leims brauche ich nur noch die Kante zu schleifen. Fertig.

favorit500 14.09.2017

Ja, wie so oft sind die einfachsten Arbeitsmittel die besten. Ein Handgerät ist schneller zur Hand, es braucht nicht lange eingestellt zu werden, man kann sogar noch dabei Radio hören.

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