Stiftablage mit Kolrosing

Stiftablage aus gebleichter Esche und Kolrosing-Ritztechnik
Welchen Schreibtisch-Gegenstand oder welches Schreibtisch-Accessoire könnte ich gebrauchen? Ich möchte nichts bauen, das ich nicht gebrauchen oder verschenken kann. Vielleicht lasse ich mich von dem vorhandenen Holz inspirieren.
Dort drüben liegt ja Brennholz, auch gut, dann wird es ein kleiner Gegenstand. Ich kann nur vermuten, was das für Holz ist, vermutlich Esche, schließlich trocknet das Teil ja schon zwei Jahre im Schuppen und hat es nach mehrerem Umlagern nun bis kurz vor das Haus in den Verbrauchsstapel geschafft, um jetzt kurz vor der thermischen Verwertung doch noch auserwählt und in der Werkstatt veredelt zu werden. Die Färbung des Kerns hat mich gleich angesprochen, auch nach dem Aufsägen deutet sie sich schön an. Also, wie wäre es mit einer Stiftablage?

Als erstes die Seiten mit dem Schweifhobel glätten. Wie jetzt die Aushöhlung für die Stifte anfertigen? Zum Fräsen habe ich kein ausreichend großes Werkzeug. Ich könnte das Teil auch schräg über das Kreissägeblatt schieben, was mir eine gerundete Aushöhlung erzeugen kann. Dafür brauche ich natürlich einen Anschlag, an dem ich das Werkstück mehrmals entlang derselben Linie über das Sägeblatt führen kann. Da die Oberseite die Aushöhlung bekommen soll, wird sie unten liegen. Oben doppelseitiges Klebeband drauf, mit dem das Führungsbrett befestigt wird. Entlang des Führungsanschlages peile ich über das Sägeblatt, um die Breite und Höhe der Aushöhlung abschätzen zu können. Das funktioniert sehr gut, ich war beim ersten Versuch genau mit den Maßen zufrieden. Nach dem ersten Durchgang sieht man schon schön die Maserung zum Vorschein kommen. Erster Fehler: der Spaltkeil verhindert den glatten Durchlauf der Werkstückes... Als der entfernt wurde, hieß es die Sägespuren zu entfernen.

Und dann kam: Kolrosing! Das wollte ich einmal ausprobieren. Kolrosing besteht aus zwei Schritte: dem Bleichen des Holzes im Milchbad und dem Dunkelfärben von eingeritzten Linien oder Mustern im Kontrast zu dem hellen Holz. Als erstes koche ich das Holz 20 Minuten in Milch, um die Oberfläche aufzuhellen. Gar nicht so einfach, hierfür einen ausreichend großen Topf zu finden, am Ende mußte es eine Pfanne sein. Das Ergebnis ist heller als die Ausgangsfärbung der Esche, aber überzeugt hat mich die Prozedur nicht wirklich. Die verschleimte und verklebte Oberfläche war nicht einfach wieder so glatt und sauber zu bekommen. Ich hätte sie besser gleich nach dem Entnehmen aus dem Milchbad gründlich abtrocknen sollen. Danach ritze ich einen Bleistift in die Mitte der Höhlung. Leider erinnert die Spitze an den schiefen Turm von Pisa... Die geritzten Linien werden mit fein gemahlenem Kaffee eingerieben. Aber ich habe wieder Fehler gemacht: das Schnitzmesser darf keine zu schmale Klinge haben, sondern sollte das Holz etwas weiter öffnen, um mehr Farbstoff aufnehmen zu können (größerer Keilwinkel der Schneide). Also habe ich nach dem ersten Ritzen der Linien alles noch einmal mit einer Art Fahrtenmesser nachgeritzt - alles andere als führig, wenn man beim Ritzen die lange, scharfe Klinge voll umfassen muß, um das Ding wie einen Stift zu halten. Das Kaffeepulver war auch zu grobkörnig und setzte sich dadurch nicht gut in die Rillen. Später habe ich gelesen, daß man auch Zimt hätte nehmen können oder den Kaffee in einem Mörser zerkleinern.
Die Kanten habe ich übrigens mit dem Taschenmesser gebrochen, das schafft glänzende Flächen (wie beim Hobeln) und unterstreicht den insgesamt unegalen Charakter. Insgesamt habe ich das ganze Teil ungleich, schräg und nicht parallel angelegt. Ich gebe zu, daß viele Stellen handwerklich noch sauberer gearbeitet werden könnten. Insgesamt soll aber keine maschinelle Perfektion dargestellt werden, das haben wir im Überfluß in den Möbelhäusern. Das Nicht-Lineare ist das, was ich am Holz liebe. Krummes Holz wird ein Baum, gerades ein Brett.

Benötigte Zeit

5h + 2h Dokumentation Stunden

Verwendetes Werkzeug

Verwendete Materialien

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Kommentare

11.03.2024

Ich musste schmunzeln bei der Vorstellung, wie der Herr oder die Dame morgens mit der "Café Latte" Stiftablage am Schreibtisch sitzt. Mit einfachsten und haushaltsüblichen Mitteln ist so ein klasse Werkstück entstanden. Vielleicht ist das der neue Trend?! Wäre in jedem Fall mal ein Holzwerken Titelthema wert!

11.03.2024

Jogge Sundqvist macht mich durch sein Buch ,,Skandinavisches Kerbschnitzen‘‘ schon auf das Kolrosing neugierig. Hier sieht man eine gelungene Umsetzung! Vielen lieben Dank für die Veröffentlichung. Ich werde mich nun auch an mein eigenes Kolrosing Projekt wagen! 5 Sterne! Leider konnte ich sie aus technischen Gründen nicht direkt in der Bewertung vergeben, also nicht wundern.

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