Das Holz liegt (fast) still und das Sägeblatt dreht sich um 360°: Das ist das Wirkprinzip einer noch weithin unbekannten Dekupiersäge, die im niedersächsischen Scheeßel produziert wird. Uwe Hartmann ist der Erfinder und nach seinem Spitznamen "Harthie" ist gleich die ganze Firma benannt.
Mit der "E-300"-Säge und dem mittlerweile patentierten Wirkprinzip schickt sich der Betrieb an, das allgemein bekannte Bild einer Dekupiersäge völlig umzukrempeln.
So arbeitet man seit Jahrzehnten an herkömmlichen Dekupiersägen: Zwei Hände halten das Werkstück, sorgen für den Vorschub und drehen es vor dem Sägeblatt in die gewünschte Schnittrichtung. Der schwingende Maschinen-Arm sorgt dabei für das Auf und Ab des eingespannten Sägeblatts.
Uwe Hartmann war mit diesem Wirkprinzip nie recht zufrieden: Das Drehen des ganzen Werkstücks sei bei kleinen Innenradien zu ungenau und bei großen Werkstücken oft unpraktisch oder wegen des Arms gar unmöglich. Das erläuterte er bei einer Maschinen-Vorstellung für HolzWerken. Lieber wollte er das Sägeblatt drehbar machen. Seine Lösung: Das Sägeblatt ist oben über einen Seilzug mit einer in einem Kolben gelagerten Rückholfeder verbunden. In diesem Kolben entsteht auch gleich noch die Luftbewegung für die angebaute Späneblas-Vorrichtung. Unten im Bauch des Tisches sorgt ein 250-Watt-Motor für den nötigen Zug. Statt wie bisher mit mehreren Riemenscheiben ist die Drehzahl nach einer Modell-Modernisierung stufenlos über einen elektronischen Frequenzumrichter gesteuert.
Der Clou der Harthie-Dekupiersäge aber liegt direkt unter der Tischebene: Hier umschließt ein zylindrisches Griffstück den Seilzug. Es wird mit drei Fingern gefasst und dreht Halterung samt Sägeblatt in jede gewünschte Position. So sind sehr feine Bewegungen und Drehungen "auf der Stelle" möglich, ohne dass sich der Anwender bewegen müsste. Die flexible Aufhängung lässt unendlich viele Umdrehungen zu.
Auch etwas Vorwärtsbewegung des Blatts ist über diesen Griff möglich, denn der Seilzug mit Blatt lässt sich um zwei Zentimeter aus der Zugachse auslenken. Die zweite Hand oben auf dem Tisch hält das Werkstück und sorgt für den Hauptvorschub. Eingesetzt werden übrigens handelsübliche Dekupiersägeblätter ohne Querstifte; auch Schnitte in Metall sind mit entsprechenden Blättern möglich. In der HolzWerken-Werkstatt sorgte diese Technik für fein steuerbare und sehr saubere Schnitte in den verschiedensten Hölzern und Plattenmaterialien. Uwe Hartmann erklärt seinen Konstruktionsgedanken so: Bei herkömmlichen Dekupiersägen betrage der Hub meist nicht mehr als 20 Millimeter. Bei dicken Materialien oder mehreren Lagen verlassen einige Zähne daher das Werkstück nicht und können auch keine Späne abführen. Die Späne und ein entstehender Wärmestau drückten das Sägeblatt aus der Richtung, der Schnitt werde unsauber. Hartmanns Maschine wartet mit 40 Millimeter Hub auf, so dass Späne immer ausgestoßen werden. Insgesamt macht die pulverlackierte, 40 Kilogramm schwere Maschine einen sehr soliden Eindruck, die Bauteile werden in Lüneburg und München von Zulieferern produziert und in Scheeßel montiert. Das Herzstück der Maschine, die Bauteile der Sägeblatthalterung, fertigt Hartmann weiterhin eigenhändig auf der Drehbank. Für Kunsthandwerker, alle Viel-Säger und solche, die es werden wollen, ist die Harthie E-300 einen Blick wert. Sie ist momentan noch für 2.000 Euro direkt bei Harthie zu bekommen; ein Händlernetz ist zurzeit im Aufbau.
Handwechsel zur besseren Sichtbarkeit für die Kamera: Nun steuert die linke Hand die Drehung und den Fein-Vorschub des Sägeblatts. Die E-300 ist für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet.
Die Edelstahl-Oberfläche des Arbeitstischs ist ein Teil der sehr guten Ausstattung und Ausführung der Harthie E-300.
Mehr Infos:
Harthie Spezialmaschinen GmbH
Roter Moor 6, 27389 Stemmen
T +49(0)4267 7702786
Stand: Januar 2013. Zuerst erschienen in HolzWerken Januar/Februar 2013
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